
US-Forscher melden Erfolg Der Kernfusion ein Stückchen näher
Physiker träumen seit langem davon, durch Kernfusion Energie zu erzeugen. In einem Experiment mit Laserstrahlen ist es US-Forschern nun gelungen, mehr Energie zu gewinnen, als anfangs aufgewendet wurde. Ein Fortschritt ja, aber auch ein Durchbruch?
US-Forscher vermelden einen Erfolg bei der Kernfusion. In der National Ignition Facility (NIF) bei San Francisco sei es gelungen, bei einem Kernfusions-Experiment erstmals mehr Energie zu erhalten, als hineingesteckt wurde.
Dazu haben die Wissenschaftler 192 Laserstrahlen auf ein 1 Gramm schweres Kügelchen gerichtet, das so groß ist wie die Kugel in der Spitze eines Kugelschreibers. In diesem Kügelchen sind die Wasserstoff-Isotope Deuterium und Tritium gefangen. Durch die Energie des Laserlichts wird die winzige Wasserstoffkugel heiß und dabei zusammengepresst, sodass es im Idealfall zur Kernfusion kommt. Dabei explodiert das Kügelchen und setzt Energie frei.

Die Wasserstoff-Isotope Deuterium und Tritium - hier in einer Apparatur der US-Forscher - sind bei der Kernfusion entscheidend.
Für Sekundenbruchteil Kernfusion
Die Kernfusion in Kalifornien dauerte nicht einmal eine Milliardstel Sekunde und setzte so viel Energie frei, wie in zwei 1,5 Volt Mignonzellen enthalten ist. Das war immerhin mehr Energie, als an Laserlicht in das Kügelchen gepumpt wurde. Insgesamt war aber für die Erzeugung des Laserlichts die Energie einer ganzen Autobatterie nötig, so dass die Energiebilanz alles in allem trotzdem negativ ausfällt.
"Hut ab!"
Ist den US-Forschern damit der Durchbruch gelungen? "Man kann nur den Hut ziehen", sagt Isabella Milch, Sprecherin des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik in Garching bei München. Sie warnt aber vor zu hohen Erwartungen: "Euphorie ist nicht angebracht." Das sagen sogar die Forscher selbst und geben zu, dass es noch "eine große Steigerungsspanne" gibt.
Zwar kann ein einziges Kügelchen - in der Fachsprache "Pellets" genannt - von einem Gramm Masse sage und schreibe 90.000 Kilowattstunden Energie freisetzen. Doch die National Ignition Facility ist für die Zündung von drei bis fünf solcher Pellets am Tag gebaut worden. Für einen Kraftwerksbetrieb müssten jedoch fünf bis zehn Pellets pro Sekunde gezündet werden, gibt Isabella Milch zu bedenken - und das kontinuierlich hintereinander weg.
Träume von Energie im Überfluss
Die Kernfusion ist das Schlaraffenland für die Energiehungrigen der Welt. Mit nur 130 Kilogramm solcher Pellets ließe sich so viel Energie freisetzen, wie der Atommeiler Emsland in einem Jahr erzeugt. So könnte Energie im Überfluss vorhanden sein, wenn es irgendwann einmal funktioniert. Zwar wird bei ihr auch Radioaktivität freigesetzt, aber viel weniger und für kürzere Zeiträume als bei der Kernspaltung. Eine ideale Energiequelle für die Zukunft?

Der Forschungsreaktor "Wendelstein 7-X" im Max-Planck-Institut in Greifswald: Auch dort soll es von 2015 an Tests zur Kernfusion geben.
Wirtschaftlichkeit ist ein Knackpunkt
Greenpeace-Atomexperte Heinz Smital, selbst Kernphysiker, gibt zu, dass die Grundlagenforschung daran "schön, gut und hochinteressant" ist. Doch mit dem Versprechen "auf einen Schlag alle Energieprobleme zu lösen, werden massiv Forschungsgelder umgeleitet". Er meint, dass die regenerative Energieerzeugung mit Sonne und Wind in 50 Jahren viel wirtschaftlicher sein wird als eine technologisch sehr aufwändige und damit teure Kernfusion.
Zwei Wege, ein Ziel
Während an der US-amerikanischen National Ignition Facility an der sogenannten Trägheitsfusion gearbeitet wird, gehen die Europäer einen anderen Weg. Sie forschen an der "Magnet-Fusion". Dabei werden wenige Gramm Wasserstoffgas in einem unsichtbaren Käfig aus Magnetfeldern eingeschlossen und auf mehrere Millionen Grad erhitzt. Dabei bildet sich ein Plasma, das irgendwann "zündet" und die Kernfusion in Gang setzt. Dazu wird gerade im französischen Cadarache der International Thermonuclear Reactor (ITER) gebaut. Auch in ihm soll die Kernfusion eines Tages gelingen.
Kernfusion ist die Verschmelzung von zwei Wasserstoff-Atomen zu einem Helium-Atom. Dabei wird Energie in Form von Strahlung frei. Kernfusion ist so alt wie das Universum. In jedem Stern wie unserer Sonne findet sie ununterbrochen im Riesen-Maßstab statt.
Auf der Erde gab es 1952 die erste Kernfusion, als die USA die erste Wasserstoffbombe zündeten. Diese unkontrollierte Kernfusion hat eine unvorstellbare Zerstörungskraft. Für die friedlichen Kernfusion muss das Sonnenfeuer auf der Erde gebändigt und kontinuierlich am Leben gehalten werden.