Sparmaßnahmen gegen Schuldenkrise Berlusconi macht die Doppelrolle rückwärts

Stand: 07.09.2011 20:41 Uhr

Nachdem Zehntausende Italiener gegen das Sparpaket der Regierung protestiert haben, will Ministerpräsident Berlusconi nun wieder alles anders machen. Die Reichensteuer - geplant und verworfen - soll jetzt doch kommen, ebenso die Mehrwertsteuererhöhung. Die EU-Kommission begrüßte die Beschlüsse.

Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi hat das jüngste Sparpaket seines Landes noch einmal umgebaut. Jetzt soll die Mehrwertsteuer doch steigen - und zwar um einen Prozentpunkt auf 21 Prozent. Dies ist eine Maßnahme, um Geld in die Kassen des hoch verschuldeten Landes zu spülen.

Zudem will die Mitte-Rechts-Regierung dem Druck der Bürger offenbar nachgeben und die Reichensteuer doch einführen. Berlusconi hatte zunächst verkündet, dass Vermögende extra zur Kasse gebeten würden, wenig später war er aber wieder zurückgerudert. Nun heißt es, wer mehr als 500.000 Euro im Jahr verdient, müsse eine Sonderabgabe von drei Prozent zahlen. Diese Regelung ist bis 2013 vorgesehen; bis dahin strebt Italien einen ausgeglichenen Haushalt an. Derzeit befindet sich Italiens Staatsverschuldung mit 1,9 Billionen Euro auf Rekordniveau.

Schuldenbremse soll in Verfassung festgeschrieben werden

Außerdem kündigte Rom die Verankerung einer Schuldenbremse in der Verfassung an. Die Abstimmung über das Sparpaket, das in den kommenden drei Jahren Einsparungen von mehr als 52 Milliarden Euro vorsieht, hatte er mit einer Vertrauensabstimmung verknüpft. So sollten die Maßnahmen möglichst rasch durchs Parlament. Der Senat billigte bereits als erste Kammer die Maßnahmen. In den kommenden Tagen soll die entscheidende Abstimmung in der Abgeordnetenkammer folgen.

EU-Kommission begrüßt Maßnahmen

Die EU-Kommission begrüßte die Verschärfung der Sparpläne. Die angekündigten neuen Maßnahmen bestätigten "die Entschlossenheit der Regierung, die vereinbarten Ziele zur Reduzierung des Defizits und der Schulden zu erreichen sowie die ihnen zugrundeliegenden strukturellen Schwächen der italienischen Wirtschaft anzugehen", erklärte das Exekutivorgan der EU.

Die Entscheidung zur Aufnahme einer Schuldenbremse in die Verfassung seien "wichtige Verbesserungen", um dauerhafte Haushaltsdisziplin zu sichern, hieß es weiter.

Auch die Anhebung des Renteneintrittsalters für Frauen von 60 auf 65 Jahre 2014 statt erst 2016 sende ebenfalls ein "wichtiges Signal". Die Kommission rief zu einer raschen Umsetzung des Sparpakets "im Geiste des nationalen Zusammenhalts und der Solidarität" auf.

Streiks im ganzen Land

Die jüngsten Entscheidungen zum Umbau des Sparpakets fielen am Tag des Generalstreiks, zu dem die größte Gewerkschaft des Landes, CGIL, aufgerufen hatte. Zehnstausende Menschen protestierten in vielen Städten. Das öffentliche Leben lag lahm. Viele Einrichtungen blieben geschlossen, ebenso touristische Attraktionen wie das Kolosseum oder das Forum Romanum in Rom.

Weil Bahnen, Busse und Schiffe nicht fuhren, kam es zu einem Verkehrschaos. Auch viele Flüge von und nach Italien wurden gestrichen, da das Bodenpersonal in Italien sich am Streik beteiligte. Von Deutschland aus waren Verbindungen der Lufthansa, von Air Berlin und Ryanair betroffen.