Hintergrund

Stichworte zum politischen System Der Präsident ist nur die Nummer zwei

Stand: 13.06.2009 11:14 Uhr

Rund 46 Millionen Iraner waren aufgerufen, über ihren künftigen Präsidenten zu entscheiden. Doch der Wahlsieger ist nicht der mächtigste Mann im Staat. In der Islamischen Republik ist die Macht auf mehrere Institutionen verteilt. Hier finden Sie einen Überblick über das Machtgefüge.

Der geistliche Führer

Die größte Autorität in der islamischen Republik Iran ist der auf Lebenszeit gewählte geistliche Führer, Ayatollah Ali Chamenei. Er ist die höchste Instanz auch bei politischen Entscheidungen, ist Oberkommandierender der Streitkräfte, ernennt die Obersten Richter und steht laut Verfassung der Islamischen Republik sogar über dem Gesetz.

Der Präsident

Die Macht des Präsidenten ist dagegen beschränkt. Er wird für vier Jahre gewählt und steht an der Spitze der Regierung. Er schlägt dem Parlament seine Kandidaten für ein Ministeramt vor. Das Parlament muss ihnen dann das Vertrauen aussprechen. Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad scheiterte zu Beginn seiner Amtszeit gleich mehrfach mit seinen Favoriten für das Amt des Öl-Ministers. Der Präsident benennt auch mehrere Stellvertreter, die jeweils für einen Politikbereich zuständig sind, und sitzt dem Nationalen Sicherheitsrat vor.

Der Wächterrat

Die zwölf Mitglieder des Wächterrats haben in rechtlichen Fragen das letzte Wort und können durch ihr Veto die Beschlüsse des Parlaments zu Fall bringen. In der religiös legitimierten Staatsordnung des Iran haben sie die Aufgabe, die Vereinbarkeit von Gesetzen mit dem Islam und der Verfassung zu überprüfen. Der Wächterrat steht auf der Seite der konservativ-schiitischen Geistlichkeit.

Sechs Mitglieder sind Theologen und werden vom geistlichen Führer ernannt. Die anderen sechs sind weltliche Rechtsgelehrte, die vom Chef der iranischen Justiz bestimmt werden. Dieser wird wiederum von Chamenei berufen. Auch bei Wahlen hat der Wächterrat das letzte Wort: Bei der bevorstehenden Präsidentenwahl ließ er von 475 Kandidaten, die ihre Bewerbung einreichten, nur vier zu.

Die Expertenversammlung

Der Rat aus 86 Geistlichen wird alle acht Jahre durch allgemeine Wahlen bestimmt. Er wählt den Geistlichen Führer und hat zumindest theoretisch das Recht, ihn wieder abzusetzen. Die Experten wachen über das im Iran herrschende Prinzip der Herrschaft der Rechtsgelehrten, das die absolute Kontrolle eines religiösen Führers über die Politik festschreibt.

Der Schlichterrat

Das Gremium soll zwischen dem Wächterrat und dem Parlament vermitteln. In ihm sitzen sechs Mitglieder des Wächterrats sowie die Chefs der Legislative, der Exekutive und der Justiz sowie ein Dutzend weitere Persönlichkeiten.

Das Parlament

Die sogenannte Madschles, persisch für Versammlung oder Sitzung, wird alle vier Jahre vom Volk gewählt. Über die Kandidatenliste bestimmt auch hier der Wächterrat. Das Parlament ist in erster Linie für die Ausarbeitung von Gesetzen zuständig, die wiederum vom Wächterrat gebilligt werden müssen. Das Parlament kann mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit und Zustimmung des geistlichen Führers den Präsidenten des Amtes entheben.

Die Revolutionsgarden

Die 350.000 Mitglieder zählende ideologische Armee untersteht dem geistlichen Führer und hat ebenfalls Einfluss auf politische Entscheidungen. Sie wurde 1979 vom Revolutionsführer Ayatollah Khomeini gegründet, der der regulären Armee misstraute. Die sogenannten Pasdaran wachen über Irans Boden-Boden-Raketen vom Typ Schahab 3, die Israel erreichen könnten.

Gegner der Iranischen Republik werfen den Revolutionsgarden vor, die Hisbollah im Libanon gegründet zu haben sowie radikale Gruppen in den Palästinensergebieten und Aufständische im Irak zu unterstützen.

Die islamische Miliz

Nach offiziellen Angaben zählt die von den Revolutionsgarden kontrollierte Bassidsch-Miliz zehn Millionen Freiwillige. Alle Einrichtungen - Moscheen, Fabriken, Universitäten und Schulen - haben ihre Miliz. Rund 500.000 von ihnen sind militärisch geschult. Die Miliz wurde zu Beginn des Iran-Irak-Krieges (1980-1988) gegründet.

Nach dem Krieg wurden die Kämpfer vor allem im Inland eingesetzt. Die Bassidschis setzen sich vor allem für die Einhaltung der strengen religiösen Sitten und Gesetze im Iran ein. 1999 und 2003 schlugen sie Proteste von Studenten nieder.