Interview

Interview mit Südkoreas Präsidentin Park "Ich würde mich mit Kim treffen"

Stand: 26.03.2014 11:43 Uhr

Die Beziehungen auf der koreanischen Halbinsel sind angespannt - vor allem wegen der Politik des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong Un. Südkoreas Präsidentin Park zeigt sich im tagesschau.de-Interview dennoch offen für ein Treffen mit ihm. Aber nur, wenn Nordkorea sein Atomprogramm beende.

Präsidentin Park hat bei Bundespräsident Gauck einen mehrtägigen Besuch in Deutschland begonnen. Sie will dabei auch von der deutschen Wiedervereinigung lernen.

Philipp Abresch: Sie haben eine Kommission eingesetzt, die eine Wiedervereinigung mit Nordkorea vorbereiten soll. Für wie stabil halten Sie die Führung in Pjöngjang? Erwarten Sie eine Wiedervereinigung in den nächsten zehn oder 20 Jahren?

Park Geun Hye: Wir wissen nicht genau, was in Nordkorea vor sich geht. Und was in Zukunft passiert, ist schwer vorherzusagen. Nordkorea will wirtschaftlich wachsen. Aber gleichzeitig beharrt Nordkorea auf seinem Atomprogramm. Ich finde, unter solchen Umständen kann Nordkorea keine Hilfen aus dem Ausland erwarten. Und Investoren lassen sich mit so einer Politik auch nicht gewinnen. Das Atomprogramm wird sich letztendlich negativ auf Nordkorea auswirken.

Im nächsten Jahr jährt sich die Teilung Koreas zum 70. Mal. Zu diesem Anlass ist uns eines besonders wichtig: Eine nukleare Bedrohung, die Gefahr von Krieg, die darf es da nicht geben. Wir wollen uns aktiv für Wohlstand und Frieden einsetzen. Deswegen habe ich eine Kommission eingesetzt, die die Wiedervereinigung der beiden Koreas gründlich vorbereiten soll. Ich hoffe, dass diese Kommission viel Zuspruch bei den Menschen bekommt.

Ich habe gehört, dass die Wiedervereinigung Deutschlands auch deshalb so schwer war, weil kaum jemand wusste, wie es im Inneren der DDR wirklich aussieht. Nordkorea ist noch viel verschlossener als die DDR damals. Wir wissen sehr wenig über das Land. Also müssen wir aktiv werden und uns gewissenhaft vorbereiten für den Tag der Wiedervereinigung.

Wir wollen, dass sich die Menschen aus Nord und Süd häufiger sehen können, dass es einen Austausch zwischen beiden Seiten gibt. Wir müssen versuchen, die Unterschiede zwischen Nord- und Südkoreanern aufzulösen -  die emotionalen Unterschiede und die kulturellen Unterschiede. Das ist unsere wichtigste Aufgabe.

"Wir konnten das Leid der Familien lindern"

Abresch: Sie haben gesagt, der Tag X kann völlig unerwartet kommen. Wie wollen Sie sich auf eine Wiedervereinigung vorbereiten, wenn der Süden so gut wie nichts über Nordkorea weiß?

Park: Wir hatten gerade im Februar ein Wiedersehen von getrennten Familien aus Nord- und Südkorea. Es sind dabei viele Wünsche offen geblieben. Aber wir sind glücklich, dass wir das Leid der zerrissenen Familien etwas lindern können.

Dass sich Nord und Süd in solchen Fragen handelseinig werden, ist enorm wichtig. So wollen wir nach und nach Vertrauen aufbauen. Aber wir haben nicht viel Zeit. Von den 70.000 Menschen, die ihre Angehörigen jenseits der Grenze treffen möchten, sind die meisten schon sehr alt. Wir müssen uns beeilen, diese Familien wieder zusammenzubringen. Und ich finde, wir sollten das auch tun, egal wie das politische Klima zwischen beiden Seiten gerade ist.

Kein Kompromiss beim Atomprogramm

Abresch: Sie haben immer gesagt, ein atomar bewaffnetes Nordkorea würden Sie nicht akzeptieren. Nun haben wir in der Vergangenheit Atomtests erlebt, Raketenstarts und andere militärische Provokationen aus dem Norden. Ist die Politik der Geduld und der Zurückhaltung nicht gescheitert?

Park: Ob es richtig war, geduldig zu sein oder nicht, ist nicht so wichtig. Eines war immer klar: Die südkoreanische Regierung wird hart auf das Atomprogramm Nordkoreas reagieren. Aber wenn es Gespräche zwischen Nord und Süd geben soll, dann werden wir uns denen nicht verschließen.

Unsere Nordkorea-Politik ist eindeutig und verlässlich. Auf Härte werden wir härter reagieren. Aber umso weicher auf weich. Das heißt aber auch, ein Atomprogramm, das die koreanische Halbinsel bedroht, und sogar den gesamten nordasiatischen Raum, werden wir nicht hinnehmen.

Wir stehen damit nicht allein. Auch Deutschland, die Europäische Union und viele andere Länder stehen hinter uns. Deswegen werde ich bei meinem Deutschlandbesuch auch intensiv mit der Bundesregierung über unsere Wiedervereinigungspolitik sprechen.

Viele Staaten haben sich um das nordkoreanische Atomprogramm bemüht, zum Beispiel im Rahmen der Sechser-Gespräche. Während dieser Gespräche hat Nordkorea einfach weiter an seinem Atomprogramm gearbeitet. Nordkorea hat Zeit gewonnen, um seine atomaren Fähigkeiten noch weiter auszubauen.

Wir waren bisher in einem Teufelskreis gefangen. Wir wurden provoziert und dann haben wir nachgegeben. Diesen Teufelskreis müssen wir unbedingt durchbrechen. Ideal wäre es, wenn Nordkorea sich freiwillig ändern würde. Und gut wäre, wenn die Welt geschlossen auftritt. Dass wir insgesamt eine Atmosphäre schaffen, in der Nordkorea sich endlich bewegen muss.

Park Geun Hye
Zur Person

Park Geun Hye ist seit Februar 2013 südkoreanische Staatspräsidentin. Die Elektroingenieurin gehört der konservativen Saenuri-Partei an. Park ist die erste Frau an der Spitze Südkoreas. Ihr Vater Park Chung Hee war ebenfalls Präsident. Der General führte 1961 einen Militärputsch an und regierte diktatorisch.

Gespräch über Frieden und Stabilität

Abresch: Es hat immer wieder hochrangige Treffen zwischen Nord- und Südkorea gegeben, auch zwischen den Staatsführern beider Seiten. Wann wird es so ein Treffen zwischen ihnen beiden geben?

Park: Wir waren immer offen für Gespräche zwischen Nord- und Südkorea. Wenn es notwendig ist, werden sich auch die beiden Staatschefs treffen. Wenn es aber Gespräche um ihrer selbst Willen sind oder die Gespräche nur einmal stattfinden, wird das den Koreanern nicht viel bringen.

Abresch: Was würden Sie dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un gerne sagen?

Park: Sollte es Gespräche mit dem Vorsitzenden Kim geben, werde ich ihn auf das nordkoreanische Atomprogramm ansprechen. Auf Frieden und Stabilität. Und wir würden über die Zukunft der innerkoreanischen Beziehungen sprechen. Ich würde auch darauf hinweisen, dass die bisherige Strategie Nordkoreas - wirtschaftliche Entwicklung und gleichzeitig ein Atomprogramm - unmöglich zusammen gehen.

Ich werde außerdem zur Sprache bringen, dass Korea und die internationale Gemeinschaft helfen wollen, dass sich Nordkorea wirtschaftlich entwickeln kann. Sobald es Abstand nimmt von seinem Atomprogramm. So könnte eine neue Epoche in den koreanischen Beziehungen beginnen.

Das Interview führte Philipp Abresch, NDR