Wahlsieger Imamoglu vor der Presse

Opposition siegt in Istanbul Wer ist Ekrem Imamoglu?

Stand: 24.06.2019 02:29 Uhr

Istanbuls neuer Bürgermeister ist zwar von der republikanischen Volkspartei, pflegt aber sein konservatives Image. Auch zu Präsident Erdogan weist er Parallelen auf.

Von Karin Senz, Istanbul

Jung, dynamisch - konservativ. So hat sich Ekrem Imamoglu in diesem Wahlkampf präsentiert. Im Fastenmonat Ramadan zelebrierte er fast jeden Abend das Fastenbrechen bei einer anderen Familie, zum Abschluss dann medienwirksam zusammen mit seiner eigenen:

"Ich faste seit ich sieben oder acht Jahre alt bin. Und ich faste gern. Meine Familie und ich lieben das Fastenbrechen. Dieses Jahr schaffen wir es wenigstens zum letzten Ramadan-Tag zusammen zu kommen. Und wenn wir schon mal was organisieren, haben wir uns gesagt, soll es gleich die Großfamilie sein - meine Eltern, meine Onkel, meine Tanten, meine Schwägerinnen", sagte Imamoglu während des Wahlkampfs. "Es sind schon ganz schön viele heute Abend hier in Istanbul."

Die Auszählung hat nach der Wahl in Istanbul begonnen.

Die Auszählung nach der Wahl in Istanbul.

"Er ist mit sympathisch"

Frauen mit kurzen Röcken, großzügigem Dekolletee und Frauen mit Kopftuch - so bunt wie seine Familie ist, ist auch seine Anhängerschaft: vom modernen, säkularen Geschäftsmann bis hin zum konservativen Kurden. Imamoglu spricht viele an.

Der Mann hat Ausstrahlung, findet diese Frau: "Er ist mir sehr sympathisch. Sein Lächeln, seine Art, seine Körpersprache, seine Mimik. Das, was er sagt, alles wirkt so sympathisch und herzlich."

"Ära der Spaltung ist vorbei"

So wurde er zum Shootingstar - vom kleinen Bezirksbürgermeister in einem Istanbuler Stadtteil - zum Bürgermeister von 16 Millionen Istanbulern. Er will sich nicht nur als CHP-Bürgermeister sehen, das macht er immer wieder klar, auch am Wahlabend: "Ich werde mit Leib und Seele daran arbeiten. Ohne zu unterscheiden, ohne zu diskriminieren werde ich arbeiten", sagt er. "Die Ära der Vorurteile und der Spaltung ist jetzt vorbei. Es beginnt die Zeit der Brüderlichkeit, der Liebe und des gegenseitigen Respekts."

Regierungskritiker haben Präsident Recep Tayyip Erdogan immer wieder vorgeworfen, dass er diese Spaltung vorangetrieben hat. Allerdings gibt es zwischen Erdogan und Imamoglu einige Parallelen - nicht nur, dass auch Erdogan seine Karriere als Bürgermeister in Istanbul begann.

Slogan: "Alles wird gut"

Beide kommen aus der konservativen Schwarzmeer-Region, Imamoglu wurde in Trabzon geboren. Und er scheut sich nicht, seine Anhänger in den Arm zu nehmen, Nähe zu zeigen. Aber auch er beherrscht die große Show auf der Bühne. Seine Wahlkampfauftritte waren perfekt inszeniert. Sein Wahlkampfslogan "Her sey cok güzel olacak - alles wird gut" war zu einer Art Codewort unter seinen Anhängern geworden.

Imamoglu hatte immer wieder betont, die Bürgermeisterwahl sei auch eine Abstimmung über die Demokratie. Allerdings legte er Wert darauf, keine größeren Ambitionen zu zeigen.

Imamoglu wird schon als kommender Präsident gehandelt

In seiner Rede am Wahlabend zieht er den Bogen dann aber doch etwas größer: "Diese Wahl hat nicht eine Person, eine Partei oder eine Fraktion gewonnen, sondern alle Istanbuler und die ganze Türkei", so Imamoglu.

Er spricht von einem Neuanfang. Das dürften vor allem die gerne hören, die in ihm nicht nur den neuen Bürgermeister von Istanbul sehen, sondern den Nachfolger von Erdogan als türkischer Präsident.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 24. Juni 2019 um 05:37 Uhr.