
Proteste in Hongkong Prügel, Tränengas und eine Drohung
Stand: 06.10.2019 16:50 Uhr
Auch das Vermummungsverbot kann die Demonstranten nicht stoppen: In Hongkong gingen erneut Tausende auf die Straßen. Erstmals schaltete sich das chinesische Militär sichtbar ein
Von Steffen Wurzel, ARD-Studio Shanghai, zzt. Hongkong
Mehr als 10.000 Menschen sind in Hongkong in zwei großen Protestzügen durch die Straßen marschiert. Sie protestierten gegen den pro-chinesischen Kurs der Hongkonger Regierung.
Obwohl Regierungschefin Carrie Lam per Notstandsgesetzgebung ein Maskierungsverbot verhängt hatte, trugen die allermeisten Demonstranten Masken - aus Angst, von der Polizei, vom der chinesischen Staatssicherheit oder von Überwachungskamera-Software erkannt zu werden. Ein Gericht in Hongkong hatte eine einstweilige Verfügung gegen das Vermummungsverbot abgelehnt.
"Mir ist bewusst, dass ich hier illegal maskiert herumlaufe", sagt ein mit riesiger Sonnenbrille und Mundschutz maskierter junger Demonstrant im Hongkonger Finanzdistrikt Central. "Die Regierung hat dieses Verbot aus politischen Gründen verhängt. Mit unseren Problemen und unserer Wut beschäftigt sie sich nicht. Wir wollen der Regierung zeigen, dass wir weiterhin Masken tragen - alle von uns."
Heftige Straßenschlachten
Die Proteste verliefen den Nachmittag über friedlich. Am Abend löste die Polizei die Demos dann mit Gewalt auf: mit Wasserwerfern, Schlagstöcken, Tränengas und Gummigeschossen. Es kam erneut zu teils heftigen Straßenschlachten. Dutzende Menschen wurden festgenommen.
Im Stadtteil Sham Shui Po fuhr ein Taxifahrer sein Auto in eine Gruppe von Demonstranten - nach Angaben von Aktivisten absichtlich. Mindestens eine Frau wurde verletzt. Wütende Demonstranten zerrten den Fahrer daraufhin aus seinem Wagen und verprügelten ihn.
Erstmals mischte sich zumindest indirekt auch das chinesische Militär in die Proteste ein. Auf dem Dach einer chinesischen Militärkaserne in Hongkong erschienen Männer, die mit einem Transparent und per Lautsprecherdurchsage Demonstranten auf der Straße vor einer Festnahme warnten. Sie richteten außerdem Scheinwerfer auf die Protestierenden.
Zehntausende demonstrieren in Hongkong gegen Vermummungsverbot
tagesschau 13:15 Uhr, 06.10.2019
Weil Chinas Militär in Hongkong für die Landesverteidigung zuständig ist, sind mehrere tausend Soldaten regulär in Hongkong stationiert. In die inneren Angelegenheiten der autonom regierten Stadt dürfen sie sich aber nicht einmischen.
Friedliche Demos, Gewalt am Abend
S. Wurzel, ARD Shanghai
06.10.2019 16:46 Uhr
Video
Aus dem Archiv
Weitere Meldungen aus dem Archiv vom 06.10.2019
- Alle Meldungen vom 06.10.2019 zeigen