Urteil des Europäischen Gerichtshofs Homosexuelle haben Anspruch auf Asyl

Stand: 07.11.2013 12:14 Uhr

Verfolgte Homosexuelle haben nach einem Urteil des EuGH Anspruch auf Asyl in der EU. Voraussetzung ist, dass sie in ihrem Herkunftsland für sexuelle Orientierung bestraft werden. Sie fallen als "soziale Gruppe" unter die Genfer Flüchtlingskonvention.

Homosexuelle Flüchtlinge haben Anspruch auf Asyl, wenn ihnen in ihrer Heimat Verfolgung wegen ihrer sexuellen Orientierung droht. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Dies gilt aber nur, wenn in den jeweiligen Herkunftsländern der Flüchtlinge tatsächlich auch Haftstrafen wegen homosexueller Handlungen verhängt werden.

"Soziale Gruppe" im Sinne der Flüchtlingskonvention

In dem konkreten Fall hatten homosexuelle Flüchtlinge aus Sierra Leone, Uganda und Senegal in den Niederlanden Asyl beantragt. Das höchste Gericht des Landes, der Staatsrat, hatte den EuGH um Vorabentscheidung gebeten.

Der Gerichtshof stellte nun zunächst fest, dass Homosexuelle eine "soziale Gruppe" im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention seien. Begründung: Die sexuelle Ausrichtung ist ein so bedeutsames Merkmal für die Identität eines Menschen, dass er nicht gezwungen werden sollte, auf diese zu verzichten. Zielten strafrechtliche Bestimmungen speziell auf Homosexuelle ab, müssten sie daher als eine "soziale Gruppe" angesehen werden, "die von der umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird".

"Androhung von Strafe" reicht aber nicht aus

Nach Auffassung der Luxemburger Richter können europäische Asylbehörden von einem Flüchtling nicht verlangen, dass er seine Homosexualität in seinem Herkunftsland geheim hält oder sich bei ihrem Ausleben zurückhält, um eine Verfolgung zu vermeiden. Dies würde der Bedeutung der sexuellen Orientierung für die jeweilige Identität eines Menschen widersprechen.

Laut Urteil ist die Androhung von Strafen allein aber noch kein für Asyl ausreichender Eingriff in die Grundrechte von Homosexuellen. Schutz vor Verfolgung müssen ihnen die EU-Mitgliedstaaten erst dann gewähren, wenn Freiheitsstrafen in den jeweiligen Herkunftsländern auch "tatsächlich verhängt werden".

In vielen Ländern dieser Welt sind Homosexuelle Repressalien ausgesetzt - selbst in manchen europäischen Staaten wie Russland.

Aktenzeichen: Az. C-199/12 u.a.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 07. November 2013 um 20:00 Uhr.