Antonio Guterres bei einer Schweigeminute in Hiroshima für die Opfer des Atombombenabwurfs 1945

Gedenkfeier in Hiroshima "Die Menschheit spielt mit einer geladenen Waffe"

Stand: 06.08.2022 09:51 Uhr

Vor 77 Jahren wurde eine Atombombe auf Hiroshima abgeworfen - mit katastrophalen Folgen für die Bevölkerung. Bei der Gedenkfeier rief UN-Chef Guterres auch mit Blick auf aktuelle Krisen eindringlich zur atomaren Abrüstung auf.

Vor dem Hintergrund der weltweiten Sorgen über ein neues atomares Wettrüsten hat die japanische Stadt Hiroshima der Opfer des Atombombenabwurfs vor 77 Jahren gedacht. "Krisen mit ernsten nuklearen Untertönen breiten sich schnell aus - vom Nahen Osten über die koreanische Halbinsel bis hin zur russischen Invasion in der Ukraine", sagte UN-Generalsekretär António Guterres bei einer Gedenkzeremonie im Friedenspark von Hiroshima. "Die Menschheit spielt mit einer geladenen Waffe".

Gedenken an Opfer des Atombombenabwurfs vor 77 Jahren in Hiroshima

Katharina von Tschurtschenthaler, ARD Tokio, tagesschau 17:00 Uhr

Beim Abwurf der US-Atombombe seien "Zehntausende Menschen in dieser Stadt im Bruchteil einer Sekunde getötet" worden, "Frauen, Kinder und Männer verbrannten in einem höllischen Feuer", so Guterres. Überlebende seien wegen der radioaktiven Strahlung an Krebs erkrankt. Atomwaffen garantierten keine Sicherheit, "nur Tod und Zerstörung". "Ein Dreivierteljahrhundert später müssen wir fragen, was wir von der Pilzwolke gelernt haben, die 1945 über dieser Stadt aufstieg." Man müsse "die Schrecken von Hiroshima jederzeit im Auge behalten und erkennen, dass es nur eine Lösung für die nukleare Bedrohung gibt: überhaupt keine Atomwaffen zu haben", sagte der UN-Generalsekretär.

Es war das erste Mal seit zwölf Jahren, dass ein UN-Chef an Hiroshimas jährlichem Gedenken teilnahm. Russland und sein Verbündeter Belarus waren nicht dazu eingeladen.

Zehntausende Menschen getötet

Um 8.15 Uhr (Ortszeit), dem Zeitpunkt, als der US-Bomber Enola Gay am 6. August 1945 die erste im Krieg eingesetzte Atombombe mit dem Namen "Little Boy" über Hiroshima abgeworfen hatte, legten die Menschen in Hiroshima eine Schweigeminute ein. Zehntausende Menschen waren damals sofort ums Leben gekommen, insgesamt starben bis Ende 1945 schätzungsweise 140.000 Menschen.

Drei Tage nach Hiroshima hatten die USA eine zweite Atombombe über Nagasaki abgeworfen. Kurz danach kapitulierte das japanische Kaiserreich.

"Sofort alle nuklearen Knöpfe bedeutungslos machen"

Hiroshima ist heute ein weltweites Symbol für Krieg - und auch für Frieden. "Wir müssen sofort alle nuklearen Knöpfe bedeutungslos machen", sagte der Bürgermeister von Hiroshima, Kazumi Matsui. Er erwähnte in seiner Rede vor Vertretern von 98 Nationen sowie der Europäischen Union ausdrücklich den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, dem unschuldige Zivilisten zum Opfer fielen. "Weltweit gewinnt die Vorstellung an Bedeutung, dass Frieden von nuklearer Abschreckung abhängt", sagte Matsui.

Russland hatte kürzlich bekräftigt, keinen Atomkrieg starten zu wollen. "Wir gehen davon aus, dass es in einem Atomkrieg keine Sieger geben kann und er niemals begonnen werden darf", schrieb Präsident Wladimir Putin in einem Grußwort an die bis 26. August laufende Konferenz zum Atomwaffensperrvertrag in New York.

Die atomare Abrüstung war aber schon vor Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine ins Stocken geraten. Jetzt wird die Reduzierung der knapp 13.000 Atomwaffen weltweit noch schwerer.

Kathrin Erdmann, Kathrin Erdmann, ARD Tokio, 06.08.2022 10:57 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 06. August 2022 um 09:00 Uhr.