Namensstreit um neuen Grippetyp Kein Schwein hat die Grippe

Stand: 30.04.2009 21:35 Uhr

Um die Bezeichnung des Virussubtyps A/H1N1 ist Streit entbrannt: Die EU kündigte an, nur noch von der "Neuen Grippe" zu sprechen. Dagegen plädierte die Weltorganisation für Tiergesundheit für "Nordamerikanische Grippe". Auch, weil das Virus bisher bei keinem Schwein nachgewiesen wurde.

Während immer mehr Staaten Schweinegrippe-Erkrankungen und -Verdachtsfälle melden, ist eine Debatte um die Bezeichnung des Virustyps entbrannt. Mehrere große Organisationen distanzierten sich von der Verwendung des Wortes Schweinegrippe.

Die EU-Kommission will in Zukunft nur noch von der "Neuen Grippe" sprechen. Damit will Gesundheitskommissarin Androulla Vassiliou auch negative Auswirkungen auf europäische Schweineproduzenten verhindern. "Der Verzehr von Schweinefleisch ist sicher, vorausgesetzt, es ist gekocht", betonte sie.

Die Verwendung des Begriffs Schweinegrippe könnte dagegen suggerieren, dass dem nicht so sei. Zudem könne bei einer Weiterverwendung der Bezeichnung der Eindruck entstehen, dass der Erreger wie bei der Vogelgrippe vom Tier auf den Menschen übertragen wird, erläuterte der Staatssekretär im Berliner Gesundheitsministerium, Klaus Theo Schröder, die Entscheidung.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO wies darauf hin, dass es bislang noch keine konkreten Hinweise darauf gebe, dass das Virus von Schweinen auf den Menschen übertragbar sei. Sie werde die Krankheit nach dem Erreger künftig "Influenza A (H1N1)" nennen, teilte die Organisation in Genf mit.

Wäre "Nordamerikanische Grippe" treffender?

Auch die Weltorganisation für Tiergesundheit warnte davor, das tödliche Grippevirus als Schweinegrippe zu bezeichnen. Das Virus A/H1N1 habe nicht nur Bestandteile von Schweineviren, sondern auch von Vogel- und Menschenviren, erklärte die Organisation. Zudem sei die Krankheit bis jetzt bei keinem Schwein nachgewiesen worden. Es sei deshalb logischer, die Bezeichnung "Nordamerikanische Grippe", nach dem ersten Ort des Auftretens, zu verwenden. Als Vorbild diene dabei die "Spanische Grippe", die sich Anfang des 20. Jahrhunderts weltweit ausbreitete.

Die ersten Fälle der "Spanischen Grippe" waren 1918 zwar in den USA nachgewiesen worden, ihren Namen erlangte die Krankheit jedoch nach intensiver Medienberichterstattung in Spanien. Während des Ersten Weltkriegs war in vielen anderen Staaten die Presse durch Zensur in ihrer Arbeit massiv behindert.

Israel beklagt Beleidigung von Weltreligionen

Bereits am Montag hatte das israelische Gesundheitsministerium gegen die Bezeichnung Schweinegrippe protestiert. Dies sei eine Beleidigung für Juden und Muslime, da in beiden Religionen Schweine als unreine Tiere gelten. "Wir sollten lieber von einer 'Mexikanischen Grippe' sprechen und nicht von einer Schweinegrippe", sagte der stellvertretende Gesundheitsminister Jakov Lizman.