Hintergrund

Hintergrund Die Regierungsbildung in Griechenland

Stand: 22.10.2015 11:13 Uhr

In Griechenland ist bei den Parlamentswahlen keine Partei stark genug geworden, um eine eigene Mehrheit zu stellen. Die Parteien scheiterten nacheinander bei der Suche nach Koalitionspartnern. Staatspräsident Papoulias will mit seinem Vorschlag einer Expertenregierung nun Neuwahlen verhindern.

Voraussetzung für eine regierungsfähige Koalition in Griechenland sind mindestens 151 der 300 Parlamentsmandate.

Den Traditionsparteien, also der konservativen Nea Dimokratia (108 Sitze) und den Sozialisten der Pasok (41 Sitze), fehlen zwei Mandate für diese Mehrheit. Die zweitgrößte Kraft, die Protestpartei der Linkenallianz Syriza (52 Sitze), vertritt indes Thesen, die Konservative und Sozialisten nicht mittragen. Ähnlich ist es bei der Demokratischen Linken Dimar (19 Sitze). Die kommunistische KKE (26 Sitze) lehnt jede Kooperation ab. Die rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen (33 Sitze) fordern, dass Deutschland Reparationen für den Zweiten Weltkrieg zahlt. Und mit den Faschisten der Goldenen Morgenröte (21 Sitze) will keine andere Partei sprechen.

Die stärksten Parteien bekommen je drei Tage

Normalerweise verläuft die Regierungsbildung in Griechenland so, dass der Präsident der Republik den Chef der stärksten Partei damit beauftragt, die Bildung einer Koalitionsregierung auszuloten. Dieses Mandat gilt eigentlich für drei Tage.

Nachdem der Vorsitzende der Nea Dimokratia, Antonis Samaras, aber bereits nach fünf Stunden die Gespräche für gescheitert erklärt hatte, erhielt als Nächstes der Chef der Linkenallianz Syriza, Alexis Tsipras, ein dreitägiges Sondierungsmandat. Seine Partei war zweitstärkste Kraft geworden. Auch er gab aber bereits vor Ablauf der Drei-Tage-Frist auf. Dass es ihm gelingen würde, eine regierungsfähige Koalition zu bilden, galt angesichts der radikalen Forderungen seiner Partei ohnehin als sehr unwahrscheinlich.

Als drittstärkste Kraft bekamen anschließend die Sozialisten das Mandat für drei Tage. Deren Chef Evangelos Venizelo wollte ein Dreierbündnis mit der Nea Dimokratia und der kleinen Dimar-Partei bilden, das eine relativ komfortable Mehrheit von 168 Sitzen gehabt hätte. Die Dimar machte ihre Teilnahme aber von der Einbindung der Syriza abhängig, die dies ablehnte. Auch Venizelos gab bereits nach einem Tag auf.

Vermittlung des Staatspräsidenten

Nach den gescheiterten Versuchen der Parteien schlug die Stunde von Staatspräsident Karolos Papoulias. Wie in der Verfassung vorgesehen, suchte er Gespräche mit den Chefs aller Parteien, um sie doch noch zu einer Regierungsbildung zu bewegen. Dazu lud er zu mehreren Gesprächsrunden ein.

Im vermutlich letzten Anlauf setzt Papoulias auf eine Expertenregierung - ähnlich wie in Italien. Dazu traf er sich mit fünf Parteivorsitzenden. Die Faschisten wurden von Papoulias nicht eingeladen, die Kommunisten sagten die Teilnahme ab.

Seine Erfolgchancen werden als gering eingeschätzt. Unter anderem, weil sich die Linksallianz Syriza bislang weigert, eine Expertenregierung zu unterstützen. Bleiben auch diese Gespräche erfolglos, wird es aller Wahrscheinlichkeit nach Neuwahlen am 10. oder 17. Juni geben.