Vorschlag von de Maizière Grenzkontrollen wegen Terrorgefahr?

Stand: 26.01.2017 18:07 Uhr

Die Bundesregierung will mehr Handlungsspielraum für die Verlängerung von Grenzkontrollen. Innenminister de Maizière plant, sie künftig mit Terrorgefahr statt Flüchtlingskrise bei der EU zu begründen. Das mache es unkomplizierter.

Deutschland will seine Grenzkontrollen künftig unter Verweis auf die Terrorgefahr verlängern. Derzeit werden die Kontrollen zu Österreich mit der Flüchtlingskrise begründet. "In Deutschland allerdings haben wir eine besondere Sicherheitslage, gerade in diesem Halbjahr und gerade nach dem (Berliner) Anschlag", sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière in Malta am Rande eines Treffens mit seinen europäischen Amtskollegen auf Malta. Deshalb wolle er die Kontrollen auf eine andere Rechtsgrundlage stellen.

Daraus würden sich mehrere Vorteile für Deutschland ergeben: Die Grenzkontrollen zu Österreich könnten länger gelten, sie wären unkomplizierter durchsetzbar und man wäre unabhängiger von der EU-Kommission.

Bislang verlängern die EU-Staaten die Kontrollen mit Bezug auf die Flüchtlingskrise um jeweils um drei Monate, und zwar auf Vorschlag der EU-Kommission. Die Brüsseler Behörde hatte dies zuletzt bis Mitte Mai empfohlen.

Kontrollen an österreichischer Grenze über Jahresmitte hinaus

Die Bundesregierung will die Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze aber über die Jahresmitte hinaus aufrecht erhalten, wie eine kleine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion ergab: "Die Bundesregierung ist der Ansicht, dass die Fortführung der vorübergehenden Kontrollen an den Binnengrenzen, in Deutschland an der deutsch-österreichischen Grenze, derzeit angesichts der Gesamtlage voraussichtlich über Mitte 2017 hinaus erforderlich ist", heißt es in der Antwort an die Grünen.

Kritik daran äußerte die Grünen-Innenpolitikerin Irene Mihalic: "Allgemeine Kontrollen dürften nicht als Dauerlösung festgeschrieben werden." Kontrollen widersprechen dem Geist Europas und seien gerade im Kampf gegen Extremisten "nur wenig effektiv". Verbessert werden müsse dagegen die "gezielte Kooperation der europäischen Sicherheitsbehörden".

Der österreichische Innenminister Wolfgang Sobotka geht sogar noch einen Schritt weiter als die Bundesregierung: Er will die Grenzkontrollen bis zum Ende des syrischen Bürgerkriegs aufrechterhalten: Wenn es dort zum Einstellen der Kampfhandlungen komme, sei er optimistisch, sei er optimistisch, dass man auf lange Sicht zu einer Normalität zurückkehren könne.

EU speichert Flugpassagierdaten

Die EU wird bis zum Frühjahr 2018 ein Datenspeichersystem für alle Flugpassagiere in Europa einführen, um die Reiserouten von Terroristen und Schwerkriminellen nachzeichnen zu können. Belgien setzt sich dafür ein, vorab auch die Daten von Reisenden zu speichern, die mit anderen öffentlichen Verkehrsmitteln in Europa unterwegs sind. Österreich unterstützt den belgischen Vorschlag. Dafür müsste allerdings auf EU-Ebene erst eine rechtliche Grundlage geschaffen werden.

Flüchtlingsvereinbarung mit Libyen

Die EU-Innenminister berieten außerdem über die Flüchtlinge, die über Nordafrika nach Europa gelangen. Der luxemburgische Minister Jean Asselborn sagte, er hoffe, dass die EU langfristig mit Libyen eine Flüchtlingsvereinbarung wie mit der Türkei schließe. Dies sei auch mit Ägypten, Tunesien und Algerien möglich.

Bundesinnenminister de Maizière sprach sich erneut für Flüchtlingslager in Nordafrika aus. Menschen, die sich auf Schlepper eingelassen haben, sollten gerettet und an einen sicheren Ort außerhalb Europas gebracht werden, forderte de Maizière. Hinter diesen Vorhaben steht die Befürchtung, dass die Zahl der Flüchtlinge, die über das Mittelmeer kommen, im Frühjahr erneut ansteigen könnte.

Die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen"wandte sich gegen den Vorschlag. "In manchen Lagern in Libyen haben die Gefangenen weniger als einen halben Quadratmeter Platz, die hygienischen Bedingungen sind oft katastrophal, oft gibt es nicht einmal genug Nahrung und sauberes Trinkwasser", erklärte die Organisation in Berlin.

Auf wenig Zustimmung bei den EU-Staaten stieß ein Vorschlag von EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos für ein einheitliches europäisches Asylsystem. Kernpunkt ist eine Lockerung der Dublin-Regeln, die vorschreiben, dass ein Flüchtling dort Asyl beantragen muss, wo er zum ersten Mal die EU betritt.

Mit Informationen von Karin Bensch und Holger Romann, ARD-Studio Brüssel, zzt. Valletta

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 26. Januar 2017 um 08:05 Uhr.