Besuch in Saudi-Arabien Gabriels Balanceakt am Golf

Stand: 07.03.2015 09:56 Uhr

Mit großer Wirtschaftsdelegation reist Vizekanzler Gabriel nach Saudi-Arabien. Ein heikler Besuch: Einerseits hofft die deutsche Wirtschaft auf gute Geschäfte, andererseits lehnt Gabriel Waffenlieferungen an die Saudis ab. Überschattet wird die Reise zudem vom Fall eines inhaftieren Bloggers.

Von Angela Ulrich, ARD Berlin

Für Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel ist klar: Aufzubrechen in die Golfregion, das ist wichtig für Deutschland. Die erste Station wird Saudi-Arabien sein: "Das ist ein Land, mit dem wir einerseits wirtschaftliche Beziehungen haben, andererseits verbindet uns mit dem Kampf gegen den Terror des IS auch sicherheitspolitisch viel mit Saudi-Arabien und der Region", führt Gabriel aus. Beide Themen seien Grund genug miteinander zu reden.

Zu reden, aber auch zu streiten, sagt die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt. Zwar sei gerade Saudi-Arabien - trotz aller Probleme - zu einem Stabilitätsanker in der Region geworden. Aber so etwas wie einen Rabatt dürfe das Land deshalb nicht bekommen: "Man darf nicht sagen: 'Die Wirtschaftspartnerschaft ist so wichtig, dass wir nicht über Menschenrechte reden.' Wenn Menschen ausgebeutet werden, kann das für uns nicht akzeptabel sein."

Wirtschaftsinteressen und Menschenrechte

Das ist der Spagat, den Gabriel machen muss. Auf der einen Seite setzt er auf bessere Energie-Kooperationen mit den Golfstaaten: Sonne und Wind gibt es dort jede Menge und auch die Saudis suchen nach alternativen Energien. Dazu hat der Wirtschaftsminister eine rund 80-köpfige Unternehmerdelegation aus Deutschland im Schlepptau. Darunter befindet sich ausdrücklich keine Rüstungsindustrie, denn die deutschen Waffenverkäufe, gerade nach Saudi-Arabien, hat Gabriel gedrosselt.

Auf der anderen Seite fordern Parteifreunde und Opposition lautstark, der Vizekanzler möge sich für Menschenrechte stark machen. Dem inhaftierten Blogger Raif Badawi droht in Saudi-Arabien möglicherweise die Todesstrafe - Stockschläge hat er schon bekommen. Gabriel sollte Badawi Asyl in Deutschland anbieten, fordert die Grüne Göring-Eckart: "Für Wirtschaftsbeziehungen kann es auch Gegenleistung im humanitären Bereich geben, das wäre eine echte Perspektive."

Gabriel selbst hält sich sehr bedeckt zur Frage, was er in Sachen Menschenrechte erreichen kann. Die Frau des Bloggers Badawi hatte an ihn appelliert, sich für ihren Mann einzusetzen. Ein heikles Terrain, aber der SPD-Chef glaubt an offene Ohren in Riad: "Das erwartet die Regierung in Saudi Arabien auch nicht, dass wir so tun, als gäbe es keine Konflikte."

Panzer als Gegenleistung im Anti-Terrorkampf?

Die Spannungen betreffen nicht nur die Frage der Menschenrechte, sondern auch die der Waffenlieferungen. Deutschland setzt sicherheitspolitisch auf Saudi-Arabien im Kampf gegen den Terror des IS. Die Gegenleistung - Panzer - bleibt jedoch aus, sagt Nahostexperte Guido Steinberg. Die Saudis hätten vor allem ein Interesse an deutschen Rüstungsgütern: "Und nun sehen sie, dass unter dieser neuen Regierung zum ersten Mal Rüstungsgüter nicht geliefert werden, die ihnen viel wert sind - wie der zum Beispiel der Leopard 2." 

Enttäuschte Scheichs trotzdem als Wirtschaftspartner gewinnen und bei Menschenrechten Kritik üben, ohne den Gesprächspartner zu verprellen, darin liegt die Herausforderung des Gabriel-Besuchs.