Fragen und Antworten Sorgte ein Blitz für den Flugzeugabsturz?

Stand: 03.06.2009 09:51 Uhr

Der Absturz des Air-France-Flugs AF 447 gibt viele Rätsel auf. Im Mittelpunkt steht die Frage nach der Ursache. Kann ein Blitz zur Katastrophe geführt haben? Welche Signale sandte die Maschine aus? Warum sind Gewitter gefährlich? tagesschau.de beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was passiert, wenn ein Blitz in ein Flugzeug einschlägt?

Der Rumpf der meisten Passagierflugzeuge ist aus Metall. Das gilt auch für die vermisste Air-France-Maschine vom Typ Airbus A330-200. Wenn ein Blitz einschlägt, wird die Elektrizität über den Rumpf und die Tragflächen abgeleitet. Die Passagiere im Inneren sind geschützt. Dieser auch bei Autos bekannte Effekt erklärt sich durch das Prinzip des Faradayschen Käfigs. Auf der Flugzeughülle können sich aber kleinere Spuren des Blitzeinschlags zeigen. Unter Umständen können auch Instrumente an Bord ausfallen. Experten halten einen Blitzeinschlag jedoch als alleinige Ursache für einen Flugzeugabsturz für äußerst unwahrscheinlich.

Kann ein Blitz einen Stromausfall verursachen?

In modernen Passagierflugzeugen sind die Schlüsselsysteme mehrfach abgesichert. Mehrere Anlagen können dadurch die notwendigen Funktionen übernehmen. So ist etwa der Funkverkehr über ein Notsystem auch nach einem normalen Stromausfall möglich. Ein kompletter Ausfall der Stromversorgung in einer Maschine ist laut Luftfahrtbundesamt daher unwahrscheinlich, aber möglich.

Wie können Gewitter einen Absturz verursachen?

Bei Gewittern sind nicht nur Blitze ein mögliches Problem für Flugzeuge. Auch Hagelkörner können die Maschinen beschädigen. Die größte Gefahr geht von Turbulenzen in Gewitterwolken aus. Beim plötzlichen Absacken um 100 oder 200 Meter wirken extreme Kräfte auf die Hülle. Das kann zu Schäden führen. Aufgrund des Risikos meiden Piloten in der Regel Gewitter und umfliegen sie.

Welche Rolle spielt das Wetter bei der Flugplanung?

Um wirtschaftlich zu arbeiten, soll ein Flug das Ziel auf dem kürzesten Weg erreichen und möglichst wenig Kraftstoff verbrauchen. Wind und Temperatur auf der vorgesehenen Route spielen dabei eine wichtige Rolle. Mit Blick auf die Sicherheit gilt die Aufmerksamkeit aber auch Gewittern. Die Piloten erhalten die Wetterdaten und stimmen ihren Flugplan mit der zuständigen Flugsicherung ab. Bei Gewittern, die sich unterwegs zum möglichen Problem entwickeln, passt der Pilot seine Route an und meldet der Flugsicherung den Kurswechsel.

Warum haben sich die Piloten vor dem Absturz nicht gemeldet?

Ein kompletter Stromausfall könnte die Kommunikation und die Notsysteme lahmgelegt haben. Denkbar wäre auch, dass alles so schnell ging, dass die Piloten keine Zeit mehr hatten, einen Notruf abzusetzen.

Welche Signale werden während des Flugs gesendet?

Moderne Passagiermaschinen versenden unter anderem automatisch erzeugte Fehlermeldungen. Sie basieren in der Regel auf computergesteuerten Kontrollen der Flugsysteme. Laut der Deutschen Flugsicherung werden diese Signale aber nicht von den Fluglotsen aufgefangen, die die betreffende Maschine durch den Luftraum leiten. Die Daten werden vielmehr an die jeweilige Fluggesellschaft gesandt. Kurz bevor der Kontakt zu Flug AF 447 abbrach, sendete die Maschine automatische Meldungen über Probleme mit der Stromversorgung und einen Druckabfall. Nach Angaben der französischen Regierung besagen die Fehlermeldungen, dass "alle Systeme während drei Minuten außer Betrieb waren".

Welche Notsignale sendet ein Flugzeug bei einem Absturz?

Im Fall eines Absturzes schickt der sogenannte ELT-Sender, der durch die Wucht des Aufpralls automatisch gestartet wird, ein Notsignal aus. Dieses kann auch oberhalb der Wasseroberfläche empfangen werden. Allerdings ist der Sender relativ ungeschützt und wird bei Unglücken immer wieder so stark beschädigt, dass er versagt. Von der vermissten Air-France-Maschine wurden keine solchen Notsignale empfangen. Auch die Piloten meldeten keinen Notfall.

Warum ist die Ortung nach einem Absturz schwierig?

Bei Flügen über den Atlantik fehlt der kontinuierliche Radarkontakt zur Maschine. Die Radarerfassung deckt laut Flugsicherung nur Gebiete bis zu etwa 300 Kilometer vor der Küste ab. Bei Atlantiküberquerungen senden die Piloten daher regelmäßig an festgelegten Positionsmeldepunkten eine Standortmeldung an den zuständigen Fluglotsen. Bei einem Absturz soll zudem das Notsignal des ELT-Senders eine Ortung erleichtern. Dieser Sender könnte aber bei der Air-France-Maschine zerstört worden sein. Der Flugschreiber sendet ein Ultraschallsignal aus, das ebenfalls eine Ortung ermöglicht. Allerdings kann dieses Signal nur unter Wasser per Sonar empfangen werden, falls die Maschine ins Meer gestürzt ist.

Kann der Flugschreiber die Unglücksursache aufklären?

Flugschreiber und Stimmenrekorder bieten zwar keine Garantie dafür, die Absturzursache aufzuklären. Sie gelten aber bei Ermittlern als Schlüssel bei der Suche nach den Gründen. Denn sie geben Aufschluss darüber, welche Probleme eine Maschine hatte und wie die Piloten darauf reagierten. Wenn die Daten von Flugschreiber und Stimmenrekorder zur Verfügung stehen, können die zentralen Fragen zur Absturzursache laut der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung in aller Regel beantwortet werden.

Ist eine Bergung des Flugschreibers möglich?

In der Region, in der die Air-France-Maschine mutmaßlich abgestürzt ist, ist das Meer mehrere Tausend Meter tief. Eine Bergung von Flugschreiber und Stimmenrekorder aus dieser Tiefe könnte sich als unmöglich erweisen. Frankreich will zwei Unterseeroboter bereitstellen, die bis zu 6000 Meter tief tauchen können. Doch die Zeit für eine Bergung ist begrenzt. Noch ist unklar, in welcher Tiefe Flugschreiber und Stimmenrekorder liegen. Die automatischen Signale, die eine Ortung ermöglichen sollen, verstummen in der Regel nach vier Wochen.

Zusammengestellt von David Rose, tagesschau.de