FAQ

FAQ zur Klage gegen die Bundesrepublik Dürfen IP-Adressen gespeichert werden?

Stand: 19.10.2016 02:14 Uhr

Der Europäische Gerichtshof verkündet heute, ob der Bund die Protokolldaten von Besuchern seiner Internetseiten speichern darf. Im Kern geht es darum, inwieweit die IP-Adressen dem Datenschutzrecht unterliegen.

Von Kolja Schwartz, ARD-Rechtsredaktion

Worum geht es vor dem EUGH?

Wer im Internet surft, hinterlässt dort Spuren. Die Internetprotokoll-, kurz IP-Adresse des benutzten Geräts (PC, Tablet, Smartphone etc.) wird an den Server übermittelt, auf dem die abgerufene Internetseite gespeichert ist. Und dort werden die IP-Adressen in aller Regel gespeichert. Das habe eine "einschüchternde Wirkung" und behindere das "unbeschwerte anonyme Surfen im Internet" sagt der Kieler Piraten-Abgeordnete Patrick Breyer. Deshalb hat er gegen die Bundesrepublik Deutschland geklagt.

Warum sollten die IP-Adressen nicht gespeichert werden dürfen?

Patrick Breyer beruft sich in erster Linie auf das Telemediengesetz. Danach dürfen "personenbezogene Daten" nur während der laufenden Verbindung gespeichert werden, nicht danach - es sei denn, sie werden im Anschluss noch zur Abrechnung benötigt. Die umstrittene Frage: Gehört eine IP-Adresse zu den personenbezogenen Daten? Ja, sagt der Kläger, schließlich könne man durch diese Ziffernfolge - wenn auch über Umwege - die Person hinter dem Gerät identifizieren. Nein, sagt die beklagte Bundesrepublik Deutschland. Schließlich sei die IP-Adresse dynamisch, werde also bei jeder Einwahl ins Internet neu vergeben. Außerdem könnten Webseitenbetreiber keineswegs die Person hinter der IP-Adresse herausbekommen.

Warum werden die IP-Adressen überhaupt gespeichert?

Die meisten Internetseiteninhaber speichern die IP-Adressen. Damit wollen sie sich zum Beispiel gegen Hackerangriffe schützen. Um Straftaten aufzuklären, können allerdings die Ermittlungsbehörden unter bestimmten Bedingungen die Herausgabe der IP-Adressen verlangen. Durch Abfrage bei den Internetanbietern kann diese Adresse dann dem Inhaber des Internetanschlusses zugeordnet werden. So geschieht es zum Beispiel oft, wenn es um illegale Downloads von Musik oder Filmen geht.

Warum ist die Bundesrepublik Deutschland Beklagte?

Auch die Bundesrepublik Deutschland hat eigene Internetseiten, zum Beispiel die der Ministerien. Und auch dort werden die IP-Adressen der Nutzer gespeichert. Patrick Breyer hat sich Deutschland also quasi exemplarisch herausgesucht. Die juristische Frage betrifft aber alle Webseiten, also auch von Unternehmen und Privatpersonen.

Wie ist die Sache beim EuGH gelandet?

Der Rechtsstreit um die Speicherung der IP-Adressen ging zunächst durch die deutschen Instanzen, bis zum Bundesgerichtshof. Die Richter in Karlsruhe tendierten eher dazu, die IP-Adressen nicht als "personenbezogene Daten" anzusehen, also die Speicherung zuzulassen. Weil es aber in der EU mit der Datenschutz-Richtlinie ein vereinheitlichtes Datenschutzrecht gibt, hat der BGH die Sache zunächst ausgesetzt und die entscheidende Frage an den EuGH weitergegeben.

Wie könnte der EuGH entscheiden?

Nach der mündlichen Verhandlung in Luxemburg hat der zuständige Generalanwalt im Mai sein Gutachten zu der Sache vorgelegt. An diese Stellungnahme halten sich die Richter nicht immer, aber doch in der Mehrzahl der Fälle. Der Generalanwalt sagt: IP-Adressen sind "personenbezogene Daten", weil sie mit Hilfe der Internetprovider einem Anschlussinhaber zugerechnet werden können. Aber, so schreibt er weiter: Die EU-Richtlinie erlaube auch bei einem "berechtigtem Interesse", solche personenbezogenen Daten zu speichern. Deshalb müsse zwischen Breyers Grundrechten und den Interessen der Webseiteninhaber abgewogen werden. Ob die Richter in Luxemburg das genauso sehen und ob sie das Ganze noch konkretisieren, werden sie heute verkünden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 19. Oktober 2016 um 06:40 Uhr.