Eine Helferin mit einem Kleinkind im Hafen von Salerno, Italien

Regelungen in der EU Familiennachzug - wie machen es die anderen?

Stand: 01.02.2018 14:52 Uhr

Ganz großzügig in Italien, sehr streng in Schweden: In Sachen Familiennachzug für Flüchtlinge herrscht in der EU keine Einheitlichkeit. Wie handhaben es die einzelnen Länder?

Von Karin Bensch, ARD-Studio Brüssel

In Italien etwa wird der Familiennachzug großzügig gehandhabt. Egal, ob jemand als Asylberechtigter anerkannt ist, oder nur vorläufigen Schutz hat, beim Familiennachzug haben beide die gleichen Rechte. Das liegt daran, dass in Italien "la famiglia" traditionell eine große Rolle spielt, sagt Christopher Hein, Direktor des italienischen Flüchtlingsrates: "Es wird lässiger angesehen - fast als ein Naturrecht - dass Menschen, die auf die eine oder andere Weise Rechtschutz bekommen haben, dann auch im Asylland mit der Familie zusammenleben können."

Wenn die Aufenthaltsgenehmigung eines Flüchtlings mit vorläufigen Schutz mindestens noch ein Jahr gültig ist, kann er einen Antrag stellen, dass seine Familie nach Italien geholt wird. Als Familie gelten Ehepartner und minderjährige Kinder. In Ausnahmefällen dürfen sogar ältere Kinder über 18 und die eigenen Eltern nachgeholt werden, wenn sie älter als 65 Jahre sind und sich im Heimatland nachweislich niemand um sie kümmern kann.

Großzügig: Spanien, Frankreich und Belgien

Ähnlich behandeln Belgier, Franzosen und Spanier den Familiennachzug. Den Spaniern ist lediglich wichtig, dass die aufzunehmenden Personen keine schweren Straftaten begangen haben oder kein Sicherheitsrisiko für Spanien darstellen.

Die Franzosen legen Wert darauf, dass der Antragsteller sich an die Prinzipien des Familienlebens in Frankreich hält, also zum Beispiel an die Monogamie und die Gleichberechtigung von Mann und Frau.

Flüchtlinge auf einem Boot im Mittelmeer (Archivbild)

Flüchtlinge auf einem Boot im Mittelmeer auf dem Weg nach Europa. In der EU gibt es keine einheitlichen Regelungen für den Familiennachzug.

Restriktiv: Schweden

Ganz anders funktioniert der Familiennachzug in Schweden: Hier ist er viel strenger geregelt. Flüchtlinge, die nach dem 24. November 2015 nach Schweden gekommen sind, und einen vorläufigen Schutzstatus genießen, haben nur wenig Chancen auf Familiennachzug. Dieses Recht bekommen sie erst dann, wenn sie eine befristete Aufenthaltsgenehmigung in Schweden haben und nachweisen können, dass sie für ihre Ehepartner und minderjährigen Kinder finanziell aufkommen können. Ältere Kinder und andere Verwandte dürfen grundsätzlich nicht nach Schweden nachziehen.

"Wir wahren das Recht auf Asyl nach den internationalen Konventionen, aber wir passen es dem Minimalstandard in der Europäischen Union an", sagte der schwedische Regierungschef Stefan Löfven. Im Sommer 2016 hatte die schwedische Regierung ihr Asylrecht rückwirkend verschärft - und damit auch den Familiennachzug. Anlass war die Flüchtlingswelle im Jahr 2015, mit der mehr als 160.000 Menschen ins Land gekommen waren.

Irgendwo dazwischen: Dänemark und Österreich

Dänemark und Österreich liegen beim Familiennachzug im europäischen Mittelfeld. Flüchtlinge, die einen vorläufigen Schutz haben, dürfen ihre Ehepartner und minderjährigen Kinder nachholen. Den Antrag dafür können sie allerdings erst nach drei Jahren stellen. In Österreich müssen die Antragsteller nachweisen, dass sie eine geeignete Unterkunft, eine Krankenversicherung und ein ausreichendes Einkommen haben.

Ganz ähnlich ist es übrigens auch in der Schweiz. Dort dürfen vorläufig aufgenommene Flüchtlinge nicht von der Sozialhilfe leben. Das Problem ist: Rund 80 Prozent der Betroffenen haben keine Arbeit. Hier scheitert der Familiennachzug also häufig. Die Menschen, die es ins Asylland geschafft haben, können dort zwar in Frieden leben, haben aber nicht genug Geld, um ihre Familien aus der Heimat nachzuholen.

Karin Bensch, Karin Bensch, ARD Brüssel, 01.02.2018 13:37 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 01. Februar 2018 um 13:46 Uhr.