Ein privater Swimmingpool neben einem Haus ist leer.

Wasserknappheit und Dürre Besser den Pool nicht befüllen

Stand: 25.06.2022 04:32 Uhr

Autowäsche verboten, Rasen wässern beschränkt, Empfehlungen zum Zähneputzen - in vielen Staaten reagieren Behörden so auf Hitzewellen und Dürreperioden. Wird man sich an derlei Regeln gewöhnen müssen? Ein Überblick.

Frankreich: Dürrealarm an der Côte d’Azur

In Frankreich ist es schon jetzt so trocken wie sonst Ende Juli, meldet Météo France. Gerade hat das Land die frühste je gemessene Hitzewelle erlebt - mit Temperaturen bis zu 43 Grad und ersten Waldbränden. Den Landwirten hat Frankreichs Agrarminister bereits nationale Solidarität versprochen. Denn der Grundwasserspiegel sinkt, und selbst heftige Niederschläge werden ihn nicht stabilisieren können, warnen Frankreichs Geologen in ihrem Bulletin. An die 40 Départements haben deshalb die Wassernutzung bereits eingeschränkt.

Im Vendée am Atlantik oder in der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur ist die Lage besorgniserregend. Dort liegt oberhalb Nizzas auch das malerische Bergdorf Villars-sur-Var. Hier hat die Versorgungsquelle innerhalb eines Monats ein Drittel weniger Trinkwasser geführt - bei gleichbleibendem Verbrauch. Um nicht ganz auf dem Trockenen zu sitzen, hat Bürgermeister René Briquetti eine neue Entnahmequelle angezapft - doch nur zum Duschen und für die Toilette. Zähneputzen, Kochen oder Trinken von Leitungswasser war vier Tage lang verboten. Der Grund: Er brauchte erst grünes Licht von der Hygienebehörde, dass das neue Trinkwassergemisch  unbedenklich sei. Die 760 Einwohner konnten sich solange im Rathaus pro Tag und Person zwei Literflaschen Wasser abholen.

Inzwischen hat der frankreichweit bekannt gewordene Bürgermeister im französischen Fernsehen verkündet: Das neue Trinkwasser sei sauber. In dem Dorf, eigentlich sattgrün an einem Bergfluss gelegen, hatte es lange nicht geregnet. Dazu kam die Hitze. Im gesamten Departement rund um Nizza an der bei Touristenschwärmen beliebten Côte d’Azur herrscht seit Wochen Dürrealarm. Autowaschen, Pool befüllen, Rasen sprengen - alles verboten. Auch die Brunnen wurden abgestellt. In Villars-sur-Var freut man sich nun erstmal wieder auf einen Aperitif unter Platanen, einen mit Eiswürfeln. Stefanie Markert, ARD-Studio Paris

In Plakat in Groix (Frankreich) mahnt zum schonenden Umgang mit Wasser

Was alles zu beachten ist: Im französischen Groix mahnt ein Plakat zum schonenden Umgang mit Wasser.

Portugal: Eine verhängnisvolle Verkettung

Portugal leidet in diesem Jahr unter extremer Dürre. Aktuell herrschen in zwei Dritteln des Landes extreme, in einem Drittel schwere Trockenheit. Ein besonders trockener Winter, hoher Wasserverbrauch in Landwirtschaft und Tourismusbranche, Leitungsverluste - viele Faktoren kommen zusammen. Der Minister für Umwelt- und Klimapolitik versichert zwar, die Trinkwasservorräte reichten für mindestens zwei Jahre, ruft aber alle Portugiesinnen und Portugiesen auf, Wasser zu sparen, wo immer es geht.

Für den Juli ist eine landesweite Kampagne zur Sensibilisierung geplant - in manchen chronisch trockenen Regionen gibt es sie schon länger. Portugal will jetzt auch Geld aus dem EU-Corona-Wiederaufbaufonds nutzen, um die Wasserwirtschaft zukunftssicher und nachhaltig zu machen. Unter anderem soll die Bewässerung mit Brauchwasser gefördert und Meerwasser-Entsalzungsanlagen gebaut werden, betrieben mit Energie aus regenerativen Quellen.

Portugals Landwirtschaft ist zum Teil auch auf Wasser aus Flüssen angewiesen, die in Spanien entspringen. Weil auch Spanien häufiger unter Trockenheit leidet, wird dort immer wieder so viel Wasser entnommen, dass es der portugiesischen Landwirtschaft Probleme bereitet. Die Nachbarländer haben jetzt zum wiederholten Mal eine enge Abstimmung vereinbart. Reinhard Spiegelhauer, ARD-Studio Madrid

Blick auf den Fluss Guadiana in Portugal

Der Fluss Guadiana in Portugal führt deutlich weniger Wasser als üblich - die Ursachen dafür sind nicht nur in Portugal zu suchen.

Italien: Warten auf Regen

Die Dürre könnte noch wochenlang anhalten, das befürchtet der Zivilschutz in Italien. Momentan sind besonders die nördlichen Regionen betroffen, aber die Wasserknappheit weitet sich zunehmend in den Süden aus, der Ruf nach einem nationalen Notstand wird lauter. Der Pegelstand des Po, des längsten Flusses Italiens, ist so niedrig wie seit 70 Jahren nicht mehr, mancherorts hat es seit vier Monaten nicht mehr geregnet.

Gleichzeitig mangelt es an Schmelzwasser aus den Bergen, der Winter war zu mild. So sind auch Seen wie der Lago Maggiore zu wenig gefüllt. In der Landwirtschaft ist die Produktion stark zurückgegangen, betroffen sind die Ernten von Gerste und Mais, gefährdet ist der Anbau von Tomaten und Obst wie etwa Wassermelonen. Für die Reisbauern im Po-Delta ist die Situation besonders dramatisch, da das salzige Meerwasser kilometerweit in den Flusslauf dringt und eine Aussaat unmöglich macht.

In vielen Gemeinden ist das Wasser rationiert, die Menschen dürfen es nur zum Trinken oder andere lebenswichtige Zwecke verwenden, teilweise wird das Wasser über Nacht abgestellt. Auch Tanklaster sind unterwegs. Um den größten See Italiens, den Gardasee, ist ein Streit entbrannt. Er soll Wasser abgeben, aber die Verantwortlichen vor Ort fürchten um seine Reserven, auch er könnte dann ein kranker See werden. Elisabeth Pongratz, ARD-Studio Rom

Eine Boje liegt im ausgetrockneten Flussbett des Po

Auch der Po in Norditalien verzeichnet deutlich niedrigere Pegelstände.

Polen: Akut von Wasserknappheit bedroht

Auch in Polen ist Wasserknappheit ein Thema, vor allem in den besonders betroffenen Gebieten im Westen und Nordwesten des Landes, in der Gegend um Posen oder im westlichen Pommern - da, wo Dürren Badeseen austrocknen und Bauern alljährlich in die Verzweiflung treiben.

Neben dem Klimawandel ist die Wasserkrise auch hausgemacht. Denn anders als im "wilderen" Osten des Landes haben die Menschen in Westpolen über die Jahrzehnte intensive Landwirtschaft betrieben, natürliche Feuchtgebiete trockengelegt und Bäume gerodet. Im Osten fungieren ausgedehnte Urwälder wie die Bialowieza hingegen noch als natürliche Wasserspeicher, wobei es dort auch trockener wird und es zuletzt zu erheblichen Torfmoorbränden kam.

Gemessen an der Statistik gehört Polen laut UN-Definition schon heute zu den EU-Ländern, die akut von Wasserknappheit bedroht sind. In Sachen Süßwasserreserven liegt das Land mit 1600 Kubikmetern erneuerbare Süßwasservorräte je Einwohner auf einem der hinteren Plätze in der EU. Und das, obwohl der natürliche Lauf der Dinge vielerorts noch nicht geradegebaggert wurde. Die Weichsel zum Beispiel mäandert in weiten Teilen ziemlich ungestört durchs Land und schiebt ganze Sandbänke vor sich her - mit dem schönen Effekt, dass zum Beispiel gestresste Großstädter aus Warschau dort versteckte Idyllen am kühlen Wasser finden, wo man zeitweilig ganz allein die Seele baumeln lassen kann. Jan Pallokat, ARD-Studio Warschau

Felder in Polen von oben

Das System der intensiven Landwirtschaft kommt im Westen Polens an seine Grenzen, doch ein Umsteuern braucht Zeit.

USA: Drittes Dürrejahr in Folge

Kalifornien befindet sich mittlerweile im dritten Dürrejahr. Gouverneur Gavin Newsom hat deshalb vor wenigen Tagen alle kommunalen Wasserwerke dazu verdonnert, ab sofort mindestens 20 Prozent Wasser einzusparen. Wie bleibt den einzelnen Gemeinden überlassen. Die Maßnahmen reichen von Zuckerbrot und Peitsche. Wer im Vorgarten seinen natürlichen Rasen durch einen Plastikrasen auswechseln will, kann je nach Fläche mehrere Hundert Dollar Zuschuss beantragen.

Besonders beliebt sind in Kalifornien Swimmingpools. Die müssen ab sofort per Gesetz abgedeckt werden. Poolabdeckungen werden genauso bezuschusst wie Anlagen, die das Wasser aus Dusche und Waschmaschine sammeln. Wer seinen Rasen bewässert, darf das meist nur zweimal pro Woche für höchstens acht Minuten tun. Viele Wasserwerke haben Hotlines eingerichtet, wo man die Nachbarn verpfeifen kann, wenn sie zum Beispiel abends vor 19.00 Uhr den Garten wässern - Strafe umgerechnet bis zu 500 Euro.

Dürrezeit bedeutet zugleich auch erhöhte Feuergefahr. Einmal im Jahr inspiziert deshalb die Feuerwehr den Garten, macht Fotos und sagt einem, welche Pflanzen zu viel Wasser verbrauchen oder besonders leicht in Brand geraten können. Die muss man dann innerhalb von drei Monaten entfernen. Marcus Schuler, ARD-Studio Los Angeles

Abgebrannte Joshua Trees in einem Park in Kalifornien

Waldbrände, denen auch alte Joshua Trees zum Opfer fallen, sind eine jährliche Katastrophe in Kalifornien - und ihr Ausmaß nimmt zu.

Südafrika: Bloß nichts vergeuden

Woran man sich in Südafrika noch gut erinnern kann, ist jetzt wieder zum Greifen nah: der sogenannte "Day Zero" - der Tag, an dem kein Tropfen Wasser mehr verfügbar ist. 2018 war die Touristenmetropole Kapstadt ganz knapp am völligen Versiegen des Wassers vorbeigeschrammt und hat seither gute Regenmengen verzeichnet. Jetzt steht Nelson Mandela Bay an der Südküste vor genau demselben Problem. Immerhin 1,2 Millionen Menschen leben dort. Nicht genug Regen ist das eine, das andere aber keine solide Wartung der Leitungen und keine ausreichenden Wasserspeicher. Das wird den Behörden vorgeworfen.

Nun gelten Empfehlungen, wie Wasser gespart werden kann. Nur zwei Minuten lang duschen, die Toilettenspülung nur benutzen, wenn es unbedingt sein muss. Den Rasen zu wässern ist nur noch ganz früh am Morgen erlaubt.

Die Menschen in der Region sind seit Jahren vertraut mit Wasserknappheit. Vor allem die ärmere Bevölkerung kennt es, nur wenig Wasser zu haben. Für alle gilt derzeit aber: Nichts wird vergeudet. Wer duscht, fängt das Wasser auf, benutzt es zum Wäschewaschen und danach für die Toilettenspülung. Die Gedanken werden präsenter, dass auch Gärten und Parks verändert werden müssen. Es gibt einige Projekte, die damit begonnen haben, einheimische Sträucher und Bäume zu pflanzen. Genau solche, die Wasser speichern und kaum welches verbrauchen. Jana Genth, ARD-Studio Johannesburg

Eine ausgetrocknete Fläche nahe Kapstadt, Südafrika

"Day Zero" blieb 2018 am Ende aus - doch die Sorge, dass sich das Szenario in baldiger Zukunft in Südafrika erfüllen könnte, ist groß.

Iran: Als ob Wasser exportiert würde

In der Wüste des Iran gibt es weltweit mit die heißesten Temperaturen: mehr als siebzig Grad. Wo es so heiß ist, gibt es wenig bis gar kein Wasser. Ein Bild, das symbolisch dafür steht, ist das ausgetrocknetes Flussbett des Zayandeh Rud. Der Fluss in Isfahan galt mal als der wasserreichste in der Region. Jetzt führt er nur noch ein paar Monate im Jahr Wasser. Im Flussbett sind dann Risse zu sehen, die außerhalb der Stadt sogar metertief sind - in denen kann man locker stehen. Diese Wasserknappheit ist aber nicht nur dem Klimawandel und Erderwärmung geschuldet, sondern sei teilweise auch hausgemacht, kritisieren Experten. Denn es wird sehr viel Grundwasser abgepumpt, dadurch sackt die Erde ab.

Dieses Grundwasser geht an die Landwirtschaft, und Industrie- und Umweltexperten kritisieren vor allem, dass die Landwirtschaft auch subventioniert wird und Produkte wie Pistazien, Orangen, Zitronen, Futtermittel, Granatäpfel, aber auch Wassermelonen exportiert werden. Ein Experten sagt, das sei, als ob der Iran Wasser exportiere.

Diese Kritik ist heikel und das Thema Wasserknappheit politisch hoch brisant. In der jüngsten Zeit gab es verbotene Demonstrationen, gegen die die Polizei knallhart vorging. Aber viele Menschen sehen - gerade was die Landwirtschaft anbelangt - ihre Existenz bedroht. Sie kritisieren zusammen mit vielen Experten, dass die Regierung im Iran schlicht und einfach kein Konzept habe, um langfristig etwas gegen diese Wasserknappheit zu unternehmen. Karin Senz, ARD-Studio Istanbul

Ausgetrocknetes Flussbett des Zayandeh Rud

Das Bett des Zayandeh Rud führt stellenweise kaum noch Wasser - die Bevölkerung fragt nach einem Konzept der Regierung dagegen.

Hinweis der Red.: In einer früheren Version des Beitrags war von extensiver Landwirtschaft im Westen Polens die Rede. Tatsächlich wurde im westlichen Polen das Gegenteil betrieben - eine intensive Landwirtschaft. Wir haben den Beitrag entsprechend korrigiert.