Pizzakartons liegen auf einem Altpapiercontainer.

Vorstoß von fünf EU-Ländern Verbot "Ewiger Chemikalien" geplant

Stand: 07.02.2023 19:59 Uhr

Sie kommen in Funktionskleidung, Pizzakartons und Shampoos vor und stehen im Verdacht, gesundheitsgefährdend zu sein: "Ewige Chemikalien". Mehrere EU-Länder, darunter auch Deutschland, wollen 10.000 dieser Stoffe in der EU verbieten lassen.

Deutschland und vier weitere europäische Staaten fordern ein Verbot von rund 10.000 sogenannten Ewigen Chemikalien. Die EU-Chemikalienagentur ECHA veröffentlichte einen entsprechenden Vorschlag von Deutschland, Dänemark, Norwegen, den Niederlanden und Schweden. "Es wäre eines der größten Verbote von Chemikalien, die jemals in Europa verhängt wurden", erklärten diese.

In vielen Alltagsprodukten enthalten

"Ewige Chemikalien", die sogenannten PFAS-Chemikalien, kommen in zahlreichen Produkten wie Funktionskleidung, Shampoos, beschichteten Pfannen, Textilien oder Pizzakartons zum Einsatz, sind in der Natur aber extrem langlebig und bergen Gesundheitsrisiken.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) kündigte an, der Umweltbelastung durch diese besonders problematischen Chemikalien einen Riegel vorschieben zu wollen. Die Behörden schätzen, dass in den nächsten 30 Jahren rund 4,4 Millionen Tonnen PFAS in die Umwelt gelangen, wenn nichts dagegen unternommen wird.

"Aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung bauen sich PFAS in der Umwelt über sehr lange Zeiträume nicht ab", sagte Lemke. Dies sei zwar in der Anwendung oft nützlich - führe aber auch dazu, dass diese Chemikalien in der Natur und im menschlichen Körper auf Dauer Schäden verursachen könnten.So stehen sie unter anderem im Verdacht, Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit zu haben und bestimmte Krebsarten auslösen zu können.

Verbot frühestens 2025

Bei einer Untersuchung des Umweltbundesamts im vergangenen Jahr wurden PFAS in zu hohen Mengen im Blut von Kindern und Jugendlichen gefunden. Bei bis zu einem Viertel der Jugendlichen sei die Konzentration im Körper so hoch gewesen, dass "gesundheitliche Wirkungen nicht mehr mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können", hieß es.

Die fünf Staaten hatten ihren gemeinsamen Vorschlag Anfang Januar bei der ECHA eingereicht. Diese will nun im März prüfen, ob der Vorschlag mit europäischem Recht vereinbar ist. Falls ja, wird er wissenschaftlich ausgewertet, im Anschluss werden die Ergebnisse an die EU-Kommission weitergeleitet. Über ein Verbot der Chemikalien müssen letztendlich die 27 Mitgliedstaaten der EU entscheiden. Das könnte frühestens 2025 geschehen.

Dem Vorschlag nach soll Unternehmen je nach Verwendungszweck und Verfügbarkeit zwischen anderthalb und zwölf Jahren Zeit gegeben werden, um auf alternative Stoffe umzustellen.

Wirtschaft kritisiert den Vorstoß

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) begrüßte den Vorschlag. "Es ist hochwillkommen, dass der Vorschlag endlich auf den Tisch kommt", sagte ein Sprecher. Er sei überfällig gewesen und werde nun mit der nötigen Skepsis gelesen.

Kritik kam hingegen vom Verband der Chemischen Industrie. Die Stoffe und Verwendungen sollten separat betrachtet und bewertet werden, teilte der Verband mit. "Ein pauschales Verbot der gesamten PFAS-Stoffgruppe ohne eine differenzierte stoff- und anwendungsspezifische Bewertung ist deshalb aus unserer Sicht nicht angemessen." Für eine Bewertung müssten neben den Auswirkungen auf Mensch und Umwelt auch die positiven Wirkungen und die Wirtschaftlichkeit betrachtet werden.

Mit Informationen von Astrid Corall, ARD-Studio Brüssel

Astrid Corall, Astrid Corall, WDR Brüssel, 07.02.2023 16:39 Uhr