Zerstörte Fahrzeuge in der Region Charkiw | dpa

Krieg gegen die Ukraine Russland zieht Truppen aus Charkiw zurück

Stand: 10.09.2022 20:05 Uhr

Russland hat die Verlegung von Truppen in der Region Charkiw im Osten der Ukraine bekannt gegeben. Die ukrainische Seite berichtet indes von erfolgreichen Rückeroberungen der strategisch wichtigen Städte Balaklija und Kupjansk.

Angesichts der ukrainischen Rückeroberungen in der Region Charkiw erklärt Russland einen Rückzug seiner Truppen aus den Städten Balaklija und Isjum. Das russische Verteidigungsministerium spricht von einer "Umgruppierung". Ein Ministeriumssprecher, den die Nachrichtenagentur Tass zitiert, bezeichnet den Rückzug als einen weiteren Schritt der von Russland bezeichneten "Befreiung" der ukrainischen Donbass-Region.

Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert. | ISW/09.09.2022

Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert. Bild: ISW/09.09.2022

Ukraine erobert wichtige Städte zurück

Bei ihrer Gegenoffensive gegen die russischen Besatzer hatte die ukrainische Armee zuvor weitere Erfolge vermeldet. Sie habe die volle Kontrolle über die östliche Stadt Balaklija erlangt, teilte Vize-Verteidigungsministerin Hanna Malyar mit. Zuvor war laut dem ukrainischen Inlandsgeheimdienst SBU die strategisch wichtige Stadt Kupjansk in der Nähe von Charkiw zurückerobert worden.

Ukrainische Spezialkräfte veröffentlichten in Online-Netzwerken Bilder, die Offiziere in der 27.000-Einwohner-Stadt zeigen sollen. Kupjansk "war immer und wird immer ukrainisch sein", schrieben sie dazu. Das Außenministerium in Kiew erklärte, ukrainische Einheiten schritten im Osten der Ukraine voran und befreiten "weitere Städte und Dörfer".

Angehörige des Staatssicherheitsdienstes der Ukraine posieren für ein Foto in der Stadt Kupkansk. | via REUTERS

Ukrainische Soldaten posierten für ein Foto in Kupkansk. Bild: via REUTERS

Russland rief Einwohner zur Flucht auf

Am Freitagabend hatte Witali Gantschew, der von Russland eingesetzte Verwalter der Region Charkiw, die Einwohner umkämpfter Ortschaften zur Flucht aufgefordert: "In der aktuellen Situation kann ich den Tod von Zivilisten einfach nicht zulassen, deshalb empfehle ich Ihnen dringend, das Kriegsgebiet zu verlassen."

Die Dörfer, die jetzt von den bewaffneten Verbänden der Ukraine beschossen werden, würden bald befreit, sagte Gantschew. "Aber bis dahin ist es das Wichtigste, das Leben und die Gesundheit unseres Volkes zu retten." Der russische Grenzdienst sei auf Flüchtlinge aus dem Gebiet Charkiw vorbereitet.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Kupjansk sollte russische Basis werden

Im Juli hatte die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass vermeldet, pro-russische Behörden wollten in Kupjansk ihre Verwaltung der besetzten Teile der Region Charkiw einrichten. Die Stadt ist wegen des direkten Bahnanschlusses an Russland als Verkehrsknotenpunkt wichtig für die Versorgung des gesamten russischen Truppenverbands um das südwestlich gelegene Isjum.

Großbritannien: Russische Armee wurde überrascht

Mit ihrer Gegenoffensive haben die ukrainischen Truppen im Nordosten des Landes nach britischen Informationen die russischen Kräfte überrumpelt. Die ukrainischen Speerspitzen seien auf enger Front bis zu 50 Kilometer weit in bisher russisch besetztes Gebiet vorgestoßen, teilte das Verteidigungsministerium unter Berufung auf Geheimdienste mit. In dem Gebiet seien nur wenige russische Truppen versammelt gewesen, hieß es. "Die russischen Kräfte wurden offenbar überrascht."

Das US-Institute for the Study of War (ISW) berichtete ebenfalls von ukrainischen Geländegewinnen. Ukrainische Truppen hätten etwa 2500 Quadratkilometer erobert. Die schlecht organisierten Russen seien durch den schnellen Vorstoß überrascht worden.

Mit Informationen von Helge Rosenkranz, WDR

Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 10. September 2022 um 17:50 Uhr.