
Landesweite Angriffe Einschläge in Kiew und anderen Städten
Mehrere ukrainische Städte sind mit Raketen angegriffen worden. Allein in Kiew starben Regierungsangaben zufolge mindestens acht Menschen. Russlands Präsident Putin bezeichnete die Angriffe als Reaktion auf "terroristische Aktionen".
Die ukrainische Hauptstadt Kiew, das westukrainische Lwiw und mehrere weitere Städte in der Ukraine sind von Raketenangriffen erschüttert worden. "Die Ukraine steht unter Raketenbeschuss", teilte der stellvertretende Leiter des ukrainischen Präsidialamtes, Kyrylo Tymoschenko, mit. Aus vielen Städten würden Angriffe gemeldet. Zum ersten Mal seit Monaten wurden auch Kiew und Lwiw angegriffen.
Dem staatlichen Rettungsdienst zufolge wurden mehrere Menschen verletzt und getötet. Noch liegen aber keine landesweiten Angaben über die Zahl der Opfer vor. Allein in Kiew starben Regierungsangaben zufolge mindestens acht Menschen, 24 wurden verletzt. Auch diese Zahlen könnten noch steigen.
Selenskyj: Angriffe auf Energieversorgung
"Wir haben es mit Terroristen zu tun", teilte Präsident Wolodymyr Selenskyj bei Telegram mit. "Sie wollen Panik und Chaos, sie wollen unser Energieversorgungssystem zerstören." Dutzende Raketen und iranische Drohnen seien auf Energieanlagen im ganzen Land abgefeuert worden, darunter auch auf Gebiete in der Westukraine, schrieb Selenskyj weiter. Das zweite Ziel seien Menschen. "Sie haben speziell eine solche Uhrzeit und solche Ziele gewählt, um so viel Schaden wie möglich anzurichten."
Altstadt von Kiew betroffen
Laut Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko trafen die Explosionen den Innenstadtbezirk Schewtschenkiwskyj, in dem sich die historische Altstadt mit Behörden- und Regierungsgebäuden befindet. Zum Teil sei auch "kritische Infrastruktur" getroffen worden. Er forderte die Menschen auf, Schutz zu suchen. In Kiew hatte es seit Ende Juni keine russischen Luftangriffe mehr gegeben.
Angriffe auf Strom- und Wasserversorgung
Auch Lwiw, das von russischen Angriffen zuletzt ebenfalls verschont geblieben war, wurde angegriffen. In Teilen der Stadt seien Strom- und auch die Wasserversorgung ausgefallen. "Wegen des fehlenden Stroms wurde der Betrieb des städtischen Heizkraftwerks vorübergehend eingestellt", teilte der Bürgermeister Andrij Sadowyj bei Telegram mit. Es gebe daher kein heißes Wasser. "An mehreren Pumpstationen wurden Ersatzstromgeneratoren in Betrieb genommen, um die Wasserversorgung der Stadt wiederherzustellen." Er rief die Bewohner der Stadt auf, in den Schutzräumen zu bleiben.
Auch in Charkiw hätten russische Angriffe die Strom- und Wasserversorgung ausgeschaltet, meldete Bürgermeister Ihor Terechow.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Regierung: Acht Regionen getroffen
Nach Regierungsangaben sind in Kiew und insgesamt acht Regionen des Landes elf wichtige Infrastruktureinrichtungen getroffen worden. "Einige Gebiete sind nun von der Außenwelt abgeschnitten. Man muss sich auf zeitweilige Unterbrechungen von Licht, Wasserversorgung und Kommunikation einstellen", teilte Ministerpräsident Denys Schmyhal mit. Insgesamt habe Russland 75 Raketen abgefeuert, von denen die ukrainische Flugabwehr 41 abgeschossen habe, teilte der Selenskyj-Berater Mychajlo Podoljak mit.

Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.
"Ein massiver Raketenangriff auf das Gebiet, es gibt Tote und Verletzte", teilte der Militärgouverneur der Region Dnipropetrowsk um die Industriestadt Dnipro, Walentyn Resnitschenko, auf seinem Telegram-Kanal mit. Getroffen wurden Berichten zufolge auch die Städte Nikopol und Marhanez, die dem Atomkraftwerk Saporischschja gegenüber am anderen Ufer des Flusses Dnipro liegen. In der Großstadt Saporischschja war nach den nächtlichen Raketenangriffen ebenfalls Luftalarm.
Vier Tote gab es Behördenangaben zufolge durch einen Raketenangriff in der ostukrainischen Großstadt Slawjansk im Gebiet Donezk. Der Einschlag sei im Stadtzentrum erfolgt, teilte Bürgermeister Wadym Ljach mit.
Putin rechtfertigt Angriffe mit "Terror"
Der russische Präsident Wladimir Putin bezeichnete die Raketenangriffe als Reaktion auf "terroristische Aktionen". Dazu gehöre auch der Angriff auf die Krim-Brücke vom Samstag, sagte Putin. Das russische Militär habe Präzisionswaffen aus der Luft, vom Wasser und vom Boden aus auf wichtige Kommandoeinrichtungen der ukrainischen Streitkräfte und auf die Energieinfrastruktur abgefeuert.
Sollte die Ukraine weitere "Terroranschläge" verüben, werde Moskaus Reaktion "hart und angemessen" sein, sagte Putin. Am Samstag war die Kertsch-Brücke zur von Russland annektierten Halbinsel Krim durch eine Bombenexplosion schwer beschädigt worden.
G7-Sondertreffen am Dienstag
Wegen der Angriffe wollen die sieben führenden Industrienationen bereits am Dienstag zu einem Sondergipfel zusammenkommen. Darauf hätten sich Selenskyj und Bundeskanzler Olaf Scholz in einem Telefonat geeinigt, teilten Selenskyj und ein Sprecher der deutschen Regierung mit.