Wolodymyr Selenskyj

Ukrainisch-chinesisches Verhältnis Milde Töne in Richtung Peking

Stand: 22.03.2023 08:43 Uhr

Die Ukraine kritisiert selbst ihre Partner oft harsch - ist aber zurückhaltend, wenn es um Peking geht. China ist einer der größten Handelspartner - und gleichzeitig Russlands wichtigster Verbündeter.

Von Rebecca Barth, ARD Kiew

Die ukrainische Diplomatie - sie ist mitunter ruppig. Seien es zögerliche Waffenlieferungen oder enge wirtschaftliche Verbindungen nach Russland - normalerweise scheut sich die ukrainische Regierung nicht, auch Partnerländer deutlich zu kritisieren, wenn sie das für angebracht hält. Anders hingegen klingen die Töne gegenüber China - Russlands wichtigstem Partner.

"Ich möchte glauben, dass China auf der Seite eines gerechten Friedens steht. Das heißt: auf unserer Seite - und das ist mir wichtig. Und ich möchte auch glauben, dass China keine Waffen an Russland liefern wird." So wohlwollend kommentiert der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am ersten Jahrestag des Angriffskriegs den sogenannten chinesischen Friedensplan.

Ein Zwölf-Punkte-Dokument, das sein Berater Mychajlo Podoljak auf Twitter als "unrealistisch" abgetan hatte. Russlands Präsident Wladimir Putin hingegen nannte es eine "Grundlage für eine friedliche Lösung".

Die Ukraine aber hat ihren eigenen Friedensplan: "Wir haben China zur Teilnahme an unserer Friedensformel eingeladen. Wir laden zum Dialog ein und warten auf Ihre Antwort", so Selenskyj.

"Nicht zum Äußersten treiben"

Dass China überhaupt begonnen habe, über die Ukraine zu reden, sei gut, sagte Selenskyj schon im Februar. Neben einer möglichen Vermittlerrolle hat es für die Ukraine aber darüber hinaus Vorteile, gegenüber China milde Töne anzuschlagen, meint der Kiewer Politologe Wolodymyr Fesenko im ukrainischen Fernsehen:

Für uns bleibt China einer der wichtigsten Handelspartner, ebenso wie für viele andere Länder, inklusive der USA. Extreme sollten daher auch hier vermieden werden. Es ist nicht nötig, es zum Äußersten zu treiben.

Ukraine exportiert Mais, Pflanzenöl, Eisenerz

Vor Beginn des russischen Angriffskriegs gehörte China zu den wichtigsten Handelspartnern der Ukraine. Laut OSZE-Daten exportiert die Ukraine vor allem Mais, Pflanzenöl oder Eisenerz nach China. Und importiert von dort Haushaltswaren, Konsumgüter und Elektrogeräte. Und dennoch: Russland ist im Vergleich der weitaus größere Handelspartner Chinas.

Das Hauptziel der Ukraine sei daher klar, sagt Iwan Us vom Nationalen Institut für strategische Forschungen: Das größte Interesse der Ukraine sei es aktuell, dass China weiterhin keine Waffen an Russland liefert. "Ja, es unterstützt Russland mit Worten. Aber das sind Worte", sagt er. Und Militärhilfen seien bisher nicht vereinbart worden: "Die Ukraine will nicht, dass etwas passiert, das Chinas Position verändern könnte."

Man dürfe den Einfluss Pekings auf Moskau nicht ignorieren, sagt Us. Und so will man weiterhin versuchen, die Weltmacht China von seiner Position zu überzeugen.

Aber dennoch stehe die Befürchtung im Raum, China könne seine Hilfe für Russland verstärken, wenn die Ukraine sich kritischer äußerte, zitiert das Magazin "Politico" den Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses des ukrainischen Parlaments. Zu kritisch werden die Töne aus Kiew in Richtung Peking also vermutlich nicht werden.

Rebecca Barth, ARD Kiew, zzt. Berlin, 22.03.2023 09:15 Uhr