
Selenskyj-Rede im EU-Parlament "Sie haben mutige Entscheidungen getroffen"
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat den Wunsch seines Landes nach einem EU-Beitritt erneuert. Vor dem EU-Parlament betonte er den europäischen Zusammenhalt im Kampf für freiheitliche Werte.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich bei der Europäischen Union für die Unterstützung im Krieg gegen Russland bedankt. In einer emotionalen Rede vor dem EU-Parlament in Brüssel sagte er: "Sie haben mutige Entscheidungen getroffen."
Der Beifall der Abgeordneten im Plenum richte sich nicht an ihn selbst, sondern an alle in den Städten und Dörfern, die die Ukraine unterstützten, sagte der 45-Jährige.
"Europäisch-ukrainische Lebensweise verteidigen"
Sein Ziel sei es, die Ukraine in die Europäische Union und damit "zurück nach Hause zu führen", betonte Selenskyj. Er sei in Brüssel, um für die Ukrainer diesen Weg zu ebnen. Es gebe unterschiedliche Geschichten, aber man habe auch eine gemeinsame europäische Geschichte.
In seiner Rede hob Selenskyj vor allem den Unterschied zwischen der "europäisch-ukrainischen" und der russischen Lebensweise hervor. Europa und seine freiheitliche Lebensweise seien durch einen "Diktator" bedroht, sagte er unter Anspielung auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin. "Es wird versucht, die europäische Lebensweise mit einem totalen Krieg zu vernichten."
"Jeder und jede ist wichtig für unseren gemeinsamen Sieg."
Die Ukraine verteidige sich zusammen mit Europa gegen die "größte anti-europäische Kraft der modernen Welt", sagte Selenskyj, der von einem "historischen Kampf" sprach. Die Antwort müsse lauten: "Wir treten ein gegen diese anti-europäische Kraft."
Die Voraussetzungen dafür seien Frieden und Sicherheit. Ein Sieg der Ukraine werde dies gewährleisten. Dafür werde die Ukraine kämpfen. Es sei nicht nur ein Krieg um Territorien, die russische Regierung kämpfe gegen Vielfalt und befördere Fremdenhass. "Wir werden das nicht zulassen", versicherte Selenskyj. "Europa wird Europa sein und bleiben, solange wir zusammenstehen und solange wir uns um unser Europa kümmern, so wie wir uns um unsere europäische Lebensart kümmern."
An die EU-Bürger gerichtet sagte Selenskyj, dass das Schicksal Europas niemals nur von Politikern abhängig gewesen sei. "Jeder und jede ist wichtig für unseren gemeinsamen Sieg." Er dankte für die Lieferung von Waffen und Munition, von Brennstoffen und Energieausrüstung und "von all den Tausenden Dingen, die wir in diesem brutalen Krieg brauchen".
EU-Kandidatenstatus der Ukraine
Das EU-Parlament hatte sich bereits kurz nach Kriegsbeginn für den EU-Kandidatenstatus der Ukraine ausgesprochen. "Das ist die Vision, die uns ermutigt hat, stark zu bleiben und nicht vom Weg abzukommen", betonte der ukrainische Präsident. Er werde die Ukraine reformieren, sein Land werde Teil der EU werden.
Die Ukraine will noch in diesem Jahr mit Verhandlungen über den EU-Beitritt beginnen, darüber müssen jedoch die 27 Mitgliedstaaten einstimmig entscheiden.
Metsola wirbt für Kampfjet-Lieferung
Auch Parlamentspräsidentin Roberta Metsola betonte, die Ukraine kämpfe für die Werte Europas: "Die Zukunft Ihrer Nation ist in der Europäischen Union", sagte Metsola an Selenskyj gewandt. Sie unterstrich die Bedeutung von Kampfjetlieferungen an die Ukraine.
"Nun müssen die Staaten als nächsten Schritt erwägen, rasch weitreichende Systeme und Flugzeuge bereitzustellen." Diese würden benötigt, um die Freiheit zu schützen, die zu viele für selbstverständlich gehalten hätten. "Unsere Reaktion muss der Bedrohung angemessen sein - und die Bedrohung ist existenziell."
Treffen mit Sunak, Macron und Scholz
Nach der Rede im Parlament erschien Selenskyj erstmals persönlich zu einem Gipfeltreffen mit den Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten. Die europäischen Staats- und Regierungschefs begrüßten ihn bereits beim Gruppenfoto mit Applaus, einige von ihnen schüttelten ihm kurz vor Beginn des Gipfels herzlich die Hand oder umarmten ihn.
Die Auslandsreise Selenskyjs ist erst die zweite seit dem russischen Einmarsch am 24. Februar vergangenen Jahres. Im Dezember war er nach einem Zwischenstopp in Polen in den USA.
Seine aktuelle Reise begann Selenskyj am Mittwoch in Großbritannien, wo er auch Premierminister Rishi Sunak sowie König Charles III. traf. Am Abend traf er in Paris Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz.
Selenskyj bittet um Kampfjets
Bei den Besuchen bat Selenskyj den Westen um weitere Waffen - auch um Kampfjets. In Paris sagte er: "Es geht um Waffen, die für den Frieden notwendig sind. Der Krieg, den Russland entfacht hat, muss gestoppt werden." Zuvor hatte Selenskyj bereits in Großbritannien um Kampfjets geworben.
Scholz versprach Unterstützung solange wie nötig. Er versicherte zudem, die Ukraine gehöre zur europäischen Familie. Macron versprach "Unterstützung bis zum Sieg". Auf die Forderungen nach Kampfjets gingen die beiden in knappen Statements vor Beginn des Treffens im Elyséepalast nicht ein.