Scholz im EU-Parlament

Scholz im EU-Parlament "Europa trägt globale Verantwortung"

Stand: 09.05.2023 12:20 Uhr

Vor dem Europaparlament in Straßburg hat Bundeskanzler Scholz dafür geworben, dass sich Europa der Welt zuwenden sollte, statt sich als Großmacht zu positionieren. Weltweite Partnerschaften seien wichtiger denn je.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat in Straßburg die globale Verantwortung Europas betont. "Europa trägt globale Verantwortung, weil das Wohlergehen Europas nicht zu trennen ist vom Wohlergehen der restlichen Welt", sagte er bei seiner Rede im Europäischen Parlament.

Er sprach sich gegen ein Bestreben aus, dass sich die EU - neben den USA und China - als dritte Großmacht positioniere. "Wer nostalgisch dem Traum europäischer Weltmacht nachhängt, wer nationale Großmachtfantasien bedient, der steckt in der Vergangenheit." Für eine EU als globales Machtzentrum neben den USA und China hatte zuletzt unter anderem Frankreichs Präsident Emmanuel Macron plädiert.

Stattdessen betonte er die Wichtigkeit von Partnerschaften - auch zum globalen Süden. Nicht weniger, sondern mehr Offenheit, mehr Kooperation seien das Gebot der Zeit, um Europa einen guten Platz zu sichern in der Welt von morgen, so der Kanzler. "Einen Platz nicht über oder unter anderen Ländern und Regionen. Sondern auf Augenhöhe mit anderen, an ihrer Seite", sagte er.

Bundeskanzler Scholz hält Grundsatzrede zum Europatag in Straßburg

Michael Grytz, ARD Brüssel, zzt. Straßburg, tagesschau, 09.05.2023 17:00 Uhr

Scholz will Freihandelsabkommen ausbauen

Europa müsse sich der Welt zuwenden. In diesem Zuge warb er dafür, dass die EU zügig weitere Freihandelsabkommen mit verschiedenen Staaten abschließe. Als Beispiele nannte er die südamerikanischen Mercosur-Staaten, Mexiko, Indien, Indonesien, Australien und Kenia.

Perspektivisch gebe es auch noch viele andere Länder, sagte er und erhielt dafür Applaus aus dem Parlament. Scholz mahnte: "Wenn wir noch jahrelang ergebnislos weiterverhandeln über neue Freihandelsabkommen, dann diktieren künftig andere die Regeln - mit niedrigeren Umwelt- und Sozialstandards."

Unterstützung für die Ukraine - "Machtgehabe" in Moskau

Laut Scholz braucht es nun eine geopolitische, erweiterte, reformierte und zukunftsoffene EU. Dazu zählten eine noch viel engere Verzahnung der Verteidigungsanstrengungen und der Aufbau einer integrierten europäischen Verteidigungswirtschaft, erklärte er. Zudem müsse man bereits jetzt die Weichen für den Wiederaufbau der Ukraine stellen.

Mit Blick auf die heutige Militärparade zum 9. Mai in Moskau sagte Scholz: "Lassen wir uns nicht einschüchtern von solchem Machtgehabe. Bleiben wir standhaft in unserer Unterstützung der Ukraine - solange wie das nötig ist."

tagesschau live: Europarede von Bundeskanzler Scholz im EU-Parlament

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Scholz für schnelle Reform im Asylsystem

Ein gemeinsamer und einheitlicher Weg sei auch beim Thema Flüchtlingsmigration wichtig. "Uns eint doch das Ziel, irreguläre Migration besser zu steuern und zu ordnen - ohne unsere Werte zu verraten", sagte er. Dabei könne sich die EU zu Nutze machen, dass Europa dringend Arbeitskräfte brauche.

Die Union sollte Wege für reguläre Migration schaffen und dies mit der Forderung verknüpfen, dass Herkunfts- und Transitländer diejenigen zurücknähmen, die kein Bleiberecht hätten. In diesem Gesamtpaket hätten auch Maßnahmen für einen wirksamen Schutz der Außengrenze ihren Platz.

Scholz warb "dringend dafür, die Fortschritte, die wir bei der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems im Rat nach langen und schwierigen Verhandlungen erzielt haben, noch vor der Europawahl unter Dach und Fach zu bringen." Die Europawahl findet im kommenden Jahr statt.

Scholz sprach im Rahmen der "Das ist Europa"-Debattenreihe, bei der Staats- und Regierungschefs eingeladen sind, im Europaparlament ihre Ansichten zur Diskussion zu stellen. Er ist der zehnte EU-Regierungschef, der in Straßburg auftritt. Im Anschluss an seine Rede fand im Plenum eine Debatte statt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 09. Mai 2023 um 10:43 Uhr.