
EU-Parlament Nawalnys Tochter nimmt Sacharow-Preis entgegen
Weil der Oppositionelle Nawalny in Russland inhaftiert ist, nahm seine Tochter Julia im EU-Parlament den Sacharow-Menschenrechtspreis entgegen. In ihrer Rede überbrachte sie eine Botschaft ihres Vaters - und warnte vor einem "Appeasement" mit Putin.
Der Stuhl neben dem Rednerpult im europäischen Parlament blieb während der Verleihung des Sacharow-Preises wieder einmal leer. Denn der Preisträger, Kreml-Kritiker Alexej Nawalny, sitzt bekanntlich seit Februar in Russland in einem Straflager - wegen angeblicher Verstöße gegen Bewährungsauflagen. Und so nahm seine 20-jährige Tochter Daria Nawalnaja stellvertretend für ihren Vater die Auszeichnung entgegen. Sie sprach von einer großen Ehre, von Anerkennung der Verdienste und der Arbeit ihres Vaters und seiner Mitarbeiter und einem Signal für die vielen Millionen Bürger, die für ein besseres Russland kämpften.
Die Studentin fand auch deutliche Worte, nutzte die Bühne, die ihr das Europaparlament bot - und bekam immer wieder viel Applaus. So kritisierte sie den politischen Pragmatismus im Umgang mit Russlands Präsident Wladimir Putin oder dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko: "Ich verstehe nicht, warum diejenigen, die für pragmatische Beziehungen zu Diktatoren eintreten, nicht einfach ein paar Geschichtsbücher aufschlagen können. Das wäre ein sehr pragmatischer Akt, und wenn man es getan hat, ist es sehr einfach, das unausweichliche politische Gesetz zu verstehen: Die Beschwichtigung von Diktatoren und Tyrannen funktioniert nie."
Russland - ein Teil Europas
Sie habe ihren Vater gefragt, was sie vor dem Europäischen Parlament sagen solle, erklärte Nawalnaja. Eindrücklich überbrachte sie dessen Botschaft. Man solle Russland nicht mit Putins Regime gleichsetzen, das Land sei ein Teil Europas. Aber: Dieses Europa müsse auch seinen eigenen Werten gerecht werden.
"Wir wollen auch, dass Europa nach sich selbst strebt. Nach jenen großartigen Prinzipien, die seinen Kern ausmachen", sagte sie und hob die Bedeutung der Menschenrechte, Demokratie und Integrität hervor. "Wir wollen kein Europa der Kanzler und Minister, die davon träumen, einen Job im Vorstand von Putins Staatsunternehmen zu bekommen oder auf der Yacht eines Oligarchen zu segeln."
Sassoli fordert Freilassung
Zuvor hatte Parlamentspräsident David Sassoli Nawalnys Mut gewürdigt, seinen Kampf gegen Korruption und für Meinungsfreiheit in Russland. Der 45-Jährige sei ein politischer Gefangener, sagte Sassoli. Er forderte im Namen des Europäischen Parlaments erneut dessen sofortige und bedingungslose Freilassung.
Einmal im Jahr vergibt das Europaparlament den mit 50.000 Euro dotierten Sacharow-Preis, der nach dem sowjetischen Physiker, Dissidenten und Friedensnobelpreisträger Andrej Sacharow benannt ist. Sassoli ist sich sicher: Sacharow wäre stolz auf die Entschlossenheit gewesen, mit der Nawalny für Menschenrechte kämpft.