
Besuch des US-Präsidenten Polen hofft auf Anerkennung und Sicherheit
Nach dem Überraschungsbesuch in Kiew ist US-Präsident Biden nach Warschau weitergereist. Für die Polen ist das mehr als ein Zwischenstopp. Sie erhoffen sich Anerkennung für ihre Hilfe im Ukraine-Krieg und vor allem: Sicherheit.
"Biden! Gib der Ukraine F-16!" Die Kampfjetforderung läuft in Dauerschleife auf einer von Aktivisten gemieteten Videowand im Warschauer Stadtzentrum. Polen stellt sich auf den US-Präsidenten ein. In polnischen Medien spekulieren Kommentatoren seit Tagen - nicht ob, sondern wie sehr Bidens zweiter Besuch innerhalb eines Jahres die neue Rolle Polens in der NATO und der EU unterstreicht.
Und im polnischen Fernsehen gibt es nur ein Thema, das wichtiger ist als Joe Bidens Ankunft in Warschau: Joe Bidens Überraschungsbesuch in Kiew. Wie zum Trost, dass Polen jetzt zur Zwischenstation degradiert wurde, erklärt gleich darauf Mark Brzezinski, der amerikanische Botschafter in Warschau, Polen zur "humanitären Großmacht": "Wie ihr die Ukrainer bei euch in euren Häusern und Wohnungen habt wohnen lassen, wie ihr ihnen Zuflucht, Nahrung, Schulbildung, Gesundheitsversorgung und alles gegeben habt, was sie brauchten, um zu leben und sich in Polen wie im eigenen Land zu fühlen - das ist eine wunderschöne Geschichte, die Polen als humanitäre Großmacht zeigt."

Degradierte Joe Bidens Überraschungsbesuch in Kiew, hier am 20. Februar, seine Visite in Polen zur Zwischenstation?
Polen erhoffen sich Anerkennung und Sicherheit
Das hört man gern in Warschau - nicht nur in der Regierung, sondern auch in der Bevölkerung. Denn die hat - oft durch persönlichen, privaten Einsatz - etwa anderthalb Millionen Geflüchteten aus der Ukraine Zuflucht gewährt. Sie leidet dabei selbst unter einer hohen Inflation in Folge der Energiekrise, wirtschaftlicher Unsicherheit und vor allem der Angst, dass Russland nicht in der Ukraine halt machen wird, dass der Krieg auch auf das Baltikum oder Polen übergreifen könnte.
Es sind deshalb zwei Dinge, die man sich vom US-Präsidenten wünscht: Anerkennung und Sicherheit. Anerkennung, davon ist auszugehen, wird es geben: bei Bidens Rede am Dienstagabend, bei seinem Treffen mit Andrzej Duda, dem polnischen Präsidenten, und bei seinem Auftritt am Mittwoch bei den "Bukarest 9", einer NATO-internen Gruppe ostmitteleuropäischer Staaten.
Wichtigster Alliierter in Mittelosteuropa
In puncto Sicherheit hat Duda bereits angekündigt, mit Biden auch über die Verlegung weiterer US-Truppen nach Polen zu sprechen. Das wäre angemessen, findet der Danziger Sicherheitsexperte Professor Artur Kozłowski: "Wenn die Amerikaner ihren ganzen internationalen Ruf an die Unterstützung der Ukraine knüpfen, dann brauchen sie dafür Verbündete."
Für die geopolitischen Interessen der USA in Mittelosteuropa scheine Polen damit zum wichtigsten Alliierten zu werden, so Kozłowski. "Wir Polen können wohl nicht damit einverstanden sein, nur ein Zwischenlager für Munition zu sein. Wir sollten danach streben, unsere Partnerschaft auch technologisch auf ein anderes Niveau anzuheben."
Duda sieht Bidens Besuch als Sicherheitsgarantie
Soll heißen: Biden solle doch bitte gemeinsame polnisch-amerikanische Investitionen in Rüstung und Sicherheit ankündigen. Polens Präsident Duda hat schon vergangene Woche keinen Zweifel daran gelassen, welche Bedeutung Bidens Besuch für sein Land hat: "Dieser Besuch ist sehr wichtig für uns, denn die Anwesenheit von Präsident Biden auf polnischem Boden, in Warschau, ist ein deutliches Zeichen, eine Sicherheitsgarantie seitens der USA für uns." In Warschau werde Präsident Biden eine wichtige Rede halten, auf die ein großer Teil der Welt, wenn nicht die ganze Welt, warte.
Dass diese Rede oder zumindest das zentrale Signal an Moskau jetzt schon aus Kiew kam, mag den polnischen Präsidenten ein wenig kratzen. An ihrer historischen Bedeutung ändert das nichts.