Ein Mann und eine Frau stehen vor der Peljesac-Brücke.

Eröffnung der Peljesac-Brücke Durch Kroatien fahren ohne Grenzkontrolle

Stand: 26.07.2022 17:37 Uhr

In Kroatien ist die Peljesac-Brücke eingeweiht worden. Mit dem Bauwerk an der adriatischen Küste ist der Süden Dalmatiens erstmals direkt mit dem Rest des Landes verbunden - ohne Umweg über Bosnien-Herzegowina.

Niko Pulic wollte der Erste sein, der am Abend über die 2,4 Kilometer lange Peljesac-Brücke fahren würde, zusammen mit Mate Rimac, dem kroatischen Hersteller der schnellsten Elektro-Autos. Für die Rennfahrer-Legende Pulić, der aus dem süddalmatischen Dubrovnik stammt und bis heute in der Küstenstadt wohnt, ein ganz besonderer Moment:

Ich bin überglücklich. Ich kann es kaum erwarten, denn ich fahre in der Regel vier bis sechsmal die Woche über Bosnien-Herzegowina. Ich habe schon gesagt: Sollte ich den Rest meines Lebens in Dubrovnik eingesperrt sein, ich will es hinnehmen, nur wenn ich diesen Moment erleben darf.

Keine Grenzstaus mehr

Das Land ist in Feierstimmung - kein Wunder: Bislang gab es nur eine Landverbindung zwischen dem Süden Dalmatiens und dem übrigen Kroatien. Die Fahrt ging 23 Kilometer durch das bosnisch-herzegowinische Staatsgebiet. Damit ist es nun vorbei, freuen sich kroatische Autofahrer:

Wir werden nicht in Staus an der Grenze warten müssen, wir werden uns freier bewegen können, auch für den Transport wird es einfacher sein.

Und ein Zweiter meint: Wenn jetzt Kroatien endlich verbunden werde, erwarte er, dass es diese Staus nicht mehr gebe.

Eine Karte mit den Ländern Kroatien, Bosnien und Herzegowina und den Städten Split, Komarna und Dubrovnik

Wer bislang von Split nach Dubrovnik über die Autobahn fahren wollte, musste durch Bosnien-Herzegowina. An der adriatischen Küste gibt es eine Lücke zwischen dem südlichsten Teil Kroatiens und dem Rest des Landes. Dort liegt bosnisches Staatsgebiet. Mit der Durchreise sind Grenzkontrollen verbunden.

Mit EU-Geldern finanziert, von China gebaut

Die Brücke, die sich bis zu einer Höhe von 55 Metern über die Bucht von Mali Ston erstreckt und das Festland mit der Halbinsel Peljesac verbindet, stellt für Kroatiens Staats- und Regierungsspitze die Erfüllung eines lang gehegten Wunsches dar. Mit eigenen Mitteln hätte das Land, seit 2013 EU-Mitglied, diese Megainvestition von insgesamt einer halben Milliarde Euro nicht stemmen können. Der Großteil der Finanzierung kam von der Europäischen Union, knapp 360 Millionen.

Als bei der Ausschreibung der chinesische staatliche Baukonzern "China Road and Bridge Corporation" den Zuschlag erhielt, gab Brüssel grünes Licht. Anlass für Regierungschef Andrej Plenkovic, sich rundum zu bedanken: Das sei ein sehr wichtiges Projekt in vielerlei Hinsicht.

Erstens ist es die Realisierung des strategischen nationalen Interesses der Republik Kroatien, des Weiteren ist das ein großer Impuls für verstärkte Zusammenarbeit zwischen Kroatien und Bosnien-Herzegowina.

Es sei wichtig auch für Kroaten in Bosnien-Herzegowina, schaffe neue starke Bindungen zwischen Kroatien und China. Kroatiens Premierminister Andrej Plenkovic bekräftigte:

Das können wir alles unserer EU-Mitgliedschaft und unseren Freunden in Europa verdanken.

Bau von Skepsis im Nachbarland begleitet

Bosnien-Herzegowina war zunächst nicht sehr begeistert von der Perspektive, dass es mit der Brücke den Durchgangsverkehr samt den damit verbundenen wirtschaftlichen Vorteilen für ihre schmale Küstenregion verlieren würde.

Es gab massive Proteste, vor allem von Seiten der Bosniaken, denn die bosnischen Kroaten unterstützten das Projekt. Die bosnischen Serben hatten keine Einwände. Auch musste Kroatien zusichern, dass der Schiffsverkehr nach Neum nicht beeinträchtigt wird. Nachdem dies durch die Höhe der Brückenführung mit bis zu 55 Metern gewährleistet war, gab es weitere Einwände über den maritimen Grenzverlauf. Diese wurden nach der EU-Zustimmung zur Brücke allerdings nicht weiter verfolgt.

Die Brücke war bereits im Sommer letzten Jahres fertig, nach dreijähriger Bauzeit. Was noch fehlte, waren die 30 Kilometer langen Zufahrtsstraßen. Einen Teil davon baute der österreichische Strabag-Konzern.

Zur abendlichen offiziellen Feier, dem Feuerwerk und der Einweihung der Brücke wollen Tausende Menschen kommen, auch ein Mann aus der Nähe von Dubrovnik:

Ich werde hingehen, auf der Brücke niederknien und mich vor allen, die daran gearbeitet und dieses glänzende Objekt ermöglicht und gebaut haben, tief verneigen.
Clemens Verenkotte, Clemens Verenkotte, ARD Wien, 26.07.2022 15:33 Uhr