
Missbrauchsgutachten Benedikt XVI. korrigiert Aussage
Benedikt XVI. hat seine Stellungnahme zum Missbrauchsgutachten des Erzbistums München und Freising korrigiert. Er habe doch im Jahr 1980 an einer Sitzung teilgenommen, bei der es um einen auffällig gewordenen Priester ging.
Der emeritierte Papst Benedikt XVI. hat eingeräumt, bei seiner Stellungnahme für das Missbrauchsgutachten des Erzbistums München und Freising eine falsche Aussage gemacht zu haben. Er habe demnach - anders als zunächst behauptet - doch im Jahr 1980 als Erzbischof von München und Freising an einer Sitzung teilgenommen, bei der über einen Priester gesprochen wurde, der mehrfach wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern auffällig geworden war. Das teilte Benedikts Privatsekretär Georg Gänswein in einer Presseerklärung mit, die das Portal "Vatican News" und die Tagespost Stiftung veröffentlichten. Jener Priester wurde später in Bayern wieder als Seelsorger eingesetzt.
"Nicht aus böser Absicht"
Der Fehler sei aber "nicht aus böser Absicht heraus geschehen", sondern "Folge eines Versehens bei der redaktionellen Bearbeitung seiner Stellungnahme". Dies tue ihm "sehr leid", und er bitte, dies zu entschuldigen, hieß es.
Allerdings sei in der betreffenden Sitzung "über einen seelsorgerlichen Einsatz des betreffenden Priesters nicht entschieden" worden. Vielmehr habe man lediglich der Bitte entsprochen, dem Mann "während seiner therapeutischen Behandlung in München Unterkunft zu ermöglichen". Wie es zu dem Versehen kam, will Benedikt XVI. in seiner noch ausstehenden Stellungnahme erklären.
"Scham und Schmerz über das Leid"
Diese will der frühere Papst, der von 1977 bis 1982 Erzbischof von München-Freising war, zu einem späterem Zeitpunkt abgeben, sagte sein Privatsekretär, Erzbischof Georg Gänswein, der Nachrichtenagentur KNA. Der 94-Jährige bitte um Verständnis, dass die vollständige Durchsicht des 1900 Seiten umfassenden Gutachtens noch Zeit benötige. Die bisherige Lektüre der Ausführungen, so die Erklärung, erfülle ihn "mit Scham und Schmerz über das Leid", das den Opfern zugefügt worden sei.
Laut des Berichts waren mindestens 497 Kinder und Jugendliche zwischen 1945 und 2019 in dem katholischen Bistum von Priestern, Diakonen oder anderen Mitarbeitern der Kirche sexuell missbraucht worden. Mindestens 235 mutmaßliche Täter gab es demnach - darunter 173 Priester und neun Diakone. Allerdings sei dies nur das "Hellfeld" - es sei von einer viel größeren Dunkelziffer auszugehen.
In vier Fällen fehlerhaft verhalten
In dem am Donnerstag veröffentlichten Bericht der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) heißt es, Joseph Ratzinger habe sich als Münchner Erzbischof (1977-1982) in vier Fällen fehlerhaft verhalten. Zudem bekundeten die Gutachter erhebliche Zweifel an seinen Aussagen zu einem besonders brisanten Fall eines Wiederholungstäters.
Bei der betreffenden Ordinariatskonferenz im Januar 1980 ging es darum, diesen Priester aus der Diözese Essen in München aufzunehmen. In seiner ersten Stellungnahme im Rahmen der Anhörung, die im WSW-Gutachten aufgenommen wurde, hatte Benedikt XVI. bestritten, an der Sitzung teilgenommen zu haben.