
Angriff auf die Ukraine NATO schließt Flugverbotszone aus
NATO-Chef Stoltenberg hat deutlich gemacht, dass das Bündnis ein Flugverbot in der Ukraine nicht wie von Kiew gefordert durchsetzen wird. Gleichzeitig stellte der Generalsekretär eine düstere Prognose.
Die NATO wird dem ukrainischen Wunsch nach der Durchsetzung einer Flugverbotszone über der Ukraine nicht nachkommen. Das Thema sei angesprochen worden, sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg nach Beratungen der Außenminister der Mitgliedstaaten in Brüssel. Die Alliierten seien sich aber einig, dass NATO-Flugzeuge nicht im ukrainischen Luftraum operieren sollten.
"Wir haben als NATO-Verbündete die Verantwortung, eine Eskalation dieses Krieges über die Ukraine hinaus zu verhindern, denn das wäre noch gefährlicher, verheerender und würde noch mehr menschliches Leid verursachen", sagte Stoltenberg. Für die Durchsetzung einer Flugverbotszone müssten NATO-Kampfflugzeuge in den ukrainischen Luftraum fliegen und russische Flugzeuge abschießen.
Man verstehe die Verzweiflung der Ukraine, man sei aber überzeugt, dass ein solcher Schritt zu einem großen Krieg in ganz Europa führen könnte.
Selenskyjs verzweifelter Aufruf
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte die NATO-Staaten zuvor eindringlich aufgefordert zu verhindern, dass Russland weiter Luftangriffe auf sein Land starten kann. "Wenn Ihr den Himmel jetzt nicht schließen wollt, dann nennt eine Frist", sagte er. "Sagt mir, wie viele Menschen sollen in die Luft fliegen, wie viele Arme, Beine, Köpfe braucht Ihr, damit das zu Euch durchdringt?"
Eine Flugverbotszone, die in erster Linie dem Schutz einer in Bedrängnis geratenen Partei in einem Krieg dient, wurde erstmals 1991 im Irak umgesetzt. Dem vorangegangen war eine UN-Resolution, in der ein besserer Schutz für die kurdische Bevölkerung im Nordirak und für die Schiiten im Süden gefordert wurde. Damals überwachten Kampfflugzeuge der USA und Großbritanniens das Flugverbot, um Kurden und Schiiten vor Angriffen unter dem damaligen irakischen Präsidenten Saddam Hussein zu schützen.
NATO erwägt erhebliche Aufrüstung im Osten
Neben der Diskussion um die Durchsetzung einer Flugverbotszone berieten die NATO-Staaten laut Stoltenberg auch über eine weitreichende Aufrüstung im östlichen Bündnisgebiet. "Wir erwägen nun ernsthaft eine erhebliche Verstärkung unserer Präsenz - mit mehr Truppen, mit mehr Luftverteidigung, mehr Abschreckung". Details dazu seien bei einem Treffen der Verteidigungsminister am 16. März zu erwarten.
Stoltenberg wies darauf hin, dass man sich für die Entscheidung etwas mehr Zeit lassen könne, da man die Ostflanke bereits unmittelbar nach Beginn des Ukraine-Kriegs gestärkt habe. Er spielte damit darauf an, dass unter anderem Tausende zusätzliche Soldaten ins Baltikum und in Länder wie Rumänien geschickt wurden.
Stoltenberg stellte zudem eine stärkere Unterstützung des Bündnisses für das an Russland grenzende Partnerland Georgien sowie für Bosnien-Herzegowina in Aussicht.
Putin: "Nicht die Stimmung anheizen"
Russlands Präsident Wladimir Putin hatte zuvor die Nachbarländer Russlands vor einer Eskalation der Lage gewarnt und gedroht: "Ich würde ihnen raten, die Situation nicht anzuheizen, keine Beschränkungen einzuführen, wir erfüllen alle unsere Verpflichtungen und werden sie weiterhin erfüllen", sagte der Staatschef der Agentur Interfax zufolge in Moskau. Russland hätte "keine bösen Absichten gegenüber unseren Nachbarn".
Er sehe keine Notwendigkeit, die Beziehungen zu verschlechtern, meinte Putin. Er nahm per Videoschalte an der Inbetriebnahme einer neuen Fähre zwischen Ust-Luga bei St. Petersburg zur Ostseeregion Kaliningrad teil. Das 200 Meter lange Schiff soll zum Beispiel Lebensmittel und Baumaterialien in die Ostseeexklave bringen. Wegen des russischen Krieges gegen die Ukraine haben viele westliche Länder russischen Flugzeugen den Überflug verweigert.