Ukrainische Soldaten

Zwei Ministerien betroffen Unruhe in Kiew wegen Korruptionsvorwürfen

Stand: 22.01.2023 16:27 Uhr

Gleich zwei ukrainische Ministerien werden mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert. Während sich das Verteidigungsministerium wegen des überteuerten Einkaufs von Lebensmitteln rechtfertigen muss, geht es in einem anderen Ressort um Bestechung.

Von Mit Informationen von Rebecca Barth, WDR, zzt. Kiew

Zwei ukrainische Ministerien sind am Wochenende von möglichen Korruptionsskandalen erfasst worden. Dem Verteidigungsministerium wird der ukrainischen Nachrichtenwebsite "zn.ua" zufolge vorgeworfen, bei der Beschaffung von Lebensmitteln einen Vertrag zu Preisen abgeschlossen zu haben, die "zwei- bis dreimal" höher lagen als die üblichen Einkaufspreise. Der Vertrag hat laut "zn.ua" ein Volumen von umgerechnet 325 Millionen Euro. 

Bei dem Vertrag soll es sich nicht um die Verpflegung der Soldaten an der Front handeln - was aufgrund der Logistik die hohen Preise erklären könnte - sondern im Hinterland. Solche überhöhten Preise seien nicht nur für Lebensmittel gezahlt worden, kommentierte die stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Nationale Sicherheit auf Facebook. Auch die Journalisten von "zn.ua" wittern einen möglichen Korruptionsskandal im wichtigen Verteidigungsministerium.

Das Verteidigungsministerium wies die Vorwürfe zurück. Die Verpflegung für die Soldaten sei gemäß "dem gesetzlich festgelegten Verfahren" gekauft worden, erklärte das Ministerium. Anderslautende Medienberichte seien "falsch". Es werde eine Untersuchung eingeleitet wegen der Verbreitung dieser "irreführenden" Informationen, die den "Verteidigungsinteressen" der Ukraine schadeten.

Minister soll im Parlament Stellung nehmen

Das Ministerium verwies auf interne Kontrollmechanismen, die Korruption verhindern sollen. Zugleich kündigte es eine interne Prüfung zum Einkauf der Soldatenverpflegung an. Für Montag sei außerdem eine Dringlichkeitssitzung mit Ressortchef Oleksij Resnikow geplant. Sollten dabei Verstöße durch Beamte des Verteidigungsministeriums festgestellt werden, würden diese "gemäß geltendem Recht zur Rechenschaft gezogen".

Die Vize-Vorsitzende des Rada-Ausschusses für nationale Sicherheit, Verteidigung und Aufklärung, Marjana Besugla, hatte bereits am Samstag angekündigt, Resnikow zu einer Anhörung im Parlament zu laden. Zudem werde der Rechnungshof das Verteidigungsministerium unter die Lupe nehmen.

400.000 US-Dollar für den Kauf überteuerter Generatoren

Deutlich konkreter scheint der Fall im ukrainischen Ministerium für die Entwicklung von Gemeinden und Gebieten: Vize-Minister Wasyl Losynskyj sei am Samstag wegen des Verdachts der Bestechlichkeit festgenommen worden, teilte die ukrainische Antikorruptionsbehörde (Nabu) mit. Zuvor war einem Bericht der Internetzeitung "Ukrajinska Prawda" zufolge die Wohnung des Vize-Ministers durchsucht worden.

Losynskyj habe 400.000 US-Dollar erhalten, "um den Abschluss von Verträgen zum Kauf von Ausrüstung und Generatoren zu überhöhten Preisen zu erleichtern", erklärte die Nabu. Die Ermittlungen liefen seit September, hieß es. Die Ukraine hat wegen der russischen Angriffe auf ihre Energieinfrastruktur seit Monaten mit flächendeckenden Stromausfällen zu kämpfen.

Losynskyj war Anfang November nach einem Wechsel an der Spitze der Behörde sogar kurzfristig amtierender Minister, ehe er wieder ins zweite Glied zurücktreten musste. Das Ministerium teilte auf Facebook mit, dass es die Untersuchungen voll und ganz unterstütze. Losynskyj werde seines Amtes enthoben. Die entsprechenden Dokumente lägen bereits dem Vizepremier Olexandr Kubrakow vor.

Kampf gegen Korruption kommt nur langsam voran

Die Ukraine hatte im Juni, vier Monate nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen das Land, den Status eines EU-Beitrittskandidaten erhalten. Zu den Voraussetzungen für einen Beitritt zählen Rechtsstaatlichkeit und Fortschritte im Kampf gegen die Korruption, wo die Ukraine trotz zahlreicher Anstrengungen in den letzten Jahren immer noch einen der hinteren Plätze weltweit einnimmt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete am 22. Januar 2023 BR24 um 12:05 Uhr und tagesschau24 um 16:00 Uhr.