Europäischer Gerichtshof in Luxemburg

Vorwurf des "Greenwashing" Umweltorganisationen klagen gegen EU-Taxonomie

Stand: 18.04.2023 09:31 Uhr

Greenpeace, der BUND, der WWF und weitere Umweltschützer haben beim Europäischen Gerichtshof gegen die EU-Kommission geklagt. Grund ist die Einstufung von Atomenergie und Erdgas als nachhaltig.

Mehrere Umweltorganisationen ziehen gegen die europaweite Einstufung von Erdgas und Atomenergie als "nachhaltig" vor Gericht. Greenpeace, der BUND, der WWF und andere reichten beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg Klagen gegen die EU-Kommission ein, wie die Organisationen mitteilten. Sie werfen der Behörde von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen "Greenwashing" vor. Die Umweltorganisationen hatten im vergangenen September mit einer solchen Klage gedroht.

Matthias Kopp, WWF Deutschland, zur Klage gegen EU-Taxonomie

tagesschau24 16:00 Uhr

Klage gegen Taxonomie

Seit Anfang Januar können in der EU auch Investitionen in Erdgas- oder Atomkraftwerke als nachhaltig eingestuft werden. Das sorgte für Diskussionen und Kritik, da beim Verbrennen von Gas klimaschädliches Kohlendioxid ausgestoßen wird und bei der Nutzung von Atomenergie radioaktiver Müll entsteht.

Die Klage richtet sich gegen die sogenannte Taxonomie. Darin listet die Europäische Union Bereiche auf, in die investiert werden kann, um den Klimawandel zu bekämpfen. Finanzprodukte können dadurch als "nachhaltig" beworben werden, auch wenn sie Investitionen in Gas- oder Atomkraftwerke vorsehen.

"Atom und Gas können nicht nachhaltig sein"

"Die EU-Kommission darf nicht das Problem als Lösung verkleiden. Atom und Gas können nicht nachhaltig sein", sagte die Geschäftsführerin von Greenpeace Deutschland, Nina Treu. Während Greenpeace gegen das grüne Label für Atomenergie und Erdgas vorgehen will, richtet sich die Klage anderer Gruppen speziell gegen die Einstufung von Gas.

"Mit der Entscheidung, fossiles Erdgas als klimafreundlich zu klassifizieren, hat sich die EU-Kommission sowohl faktisch als auch rechtlich auf sehr dünnes Eis begeben", sagte BUND-Vorsitzender Olaf Bandt.

EU-Staaten nicht einig

Zuvor hatte die Regierung von Österreich gegen das Nachhaltigkeitssiegel für Atomenergie und Gas geklagt. Auch Luxemburg, Spanien und Dänemark kritisierten die EU-Einstufung, während Mitgliedstaaten wie Polen und Bulgarien Gaskraftwerke als Alternative zu noch klimaschädlicheren Kohlekraftwerken verteidigten.

Die Brüsseler Einstufung gilt auch als Kompromiss zwischen deutschen und französischen Interessen: Für die Nuklearenergie macht sich vor allem Frankreich auf EU-Ebene stark. Mit der Einstufung von Erdgas kann dagegen die Bundesregierung wegen deren Bedeutung für die deutsche Industrie gut leben.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 18. April 2023 u.a. um 02:00 Uhr und 03:00 Uhr in den Nachrichten.