
Hochwasserschutz in Venedig Gummistiefel nur auf dem Markusplatz
Venedig ist durch Unwetter und starke Winde erneut von Hochwasser bedroht. Um eine Überflutung im historischen Zentrum zu verhindern, hat die Stadt das neue Schutzsystem Mose aktiviert - mit Erfolg.
Unwetter mit Hochwasser und starken Winden - in Venedig gilt weiterhin Warnstufe Rot. Das Stadtzentrum aber blieb von Schäden bislang weitgehend verschont. Weil offensichtlich das neue, mobile Flutschutzsystem Mose Wirkung zeigt, auch wenn es sich bislang nur im Probebetrieb befindet.
Unter anderem in der vergangenen Nacht sind die 78 Tonnen schweren Barrieren am Rand der Lagune hochgefahren worden. Das Ergebnis: Die Innenstadt Venedigs, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, blieb weitgehend trocken, obwohl vor der Lagune ein Pegelstand von fast 1,40 Meter gemessen wurde. Ein Hochwasser, das in den vergangenen Jahren in ähnlichen Situationen zu Überflutungen des Zentrums geführt hat.
Venedigs stellvertretender Bürgermeister Andrea Tomaello zeigt sich erleichtert, dass es diesmal glimpflich ausgegangen ist: "Durch die Aktivierung von Mose ist es jetzt anders. Die Stadt bleibt trocken. Wir können weiterleben und -arbeiten, auch wenn Hochwasser ist. Und wir können nach vorne schauen.
95 Prozent der Stadt vom Hochwasser verschont
Trotz des Unwetters blieben in Venedig in der vergangenen Nacht 95 Prozent der Innenstadt von einer Überschwemmung verschont. Nur ein Teil des Markusplatzes, der am tiefsten gelegenen Ort des Zentrums, war mit Wasser bedeckt. Auch heute Vormittag, bei erneut ansteigenden Pegelständen vor der Lagune, wurde das Flutschutzsystem aktiviert.
Das bislang letzte große Hochwasser in Venedig vor zwei Jahren hatte - noch ohne den Einsatz von Mose - in der Altstadt schwere Schäden angerichtet. Damals war der Pegelstand auf über 1,80 Meter gestiegen. Meerwasser drang in den Markusdom ein und zerstörte unter anderem kostbare Mosaike.
Das sich wandelnde Klima, sagt Marco Favaro vom Hochwasser Warn- und Meldezentrum der Stadt, mache sich für Venedig bemerkbar: "Der durchschnittliche Meeresspiegel steigt, das stellen wir durch unsere regelmäßigen Messungen fest. Die Prognosen gehen von einer weiteren Steigerung aus und dies bedeutet häufigeres Hochwasser für Venedig."
Das Schutzsystem Mose - Abkürzung für "Modulo Sperimentale Elettromeccanico" (Experimentelles elektromechanisches Modul) - mit seinen mobilen Barrieren wird im Probebetrieb nur in besonders gefährlichen Wetterlagen mit vorhergesagten Pegelständen von über 1,30 Meter eingesetzt.

Trügerische Idylle: Dieses Mal ist dank des Mose-Systems zwar nur der Markusplatz überschwemmt, doch das Salzwasser der Lagune richtet bei Hochwasser - oder Aqua alta, wie es in Venedig heißt - schwere Schäden an den Gebäuden an.
Bauverzug wegen Streit und Korruption
Um das fünf Milliarden Euro teure Projekt war lange gestritten worden, unter anderem Korruptionsskandalen verzögerten die Fertigstellung des Baus um acht Jahre. Angesichts des Erfolgs in diesen Tagen wünscht sich Vize-Bürgermeister Tomaello, dass der Mose-Flutschutz künftig häufiger aktiviert werden kann: "Das Mose-System hat eine fundamentale Bedeutung für die Stadt. Ich denke, es wäre sinnvoll, den Mechanismus künftig auch bei niedrigeren Pegelständen zu aktivieren, damit auch die Teile der Stadt trocken bleiben, die immer zuerst unter Wasser stehen.
Umweltschützer sind dagegen, das Flutschutzsystem regelmäßig oder sogar durchgehend zu aktivieren. Auch Hochwasserexperte Favaro ist skeptisch: "Von der technischen Seite aus wäre es möglich, Mose ständig geschlossen zu halten, aber das geht natürlich nicht. Die Balance ist wichtig zwischen dem Schutz der Stadt und dem des Ökosystems in der Lagune."
Für die kommende Nacht ist erneut eine Hochwasserwelle für Venedig vorhergesagt. Erst am Sonntag soll sich die Wetterlage beruhigen.