Rettungshubschrauber vor den Bergen der Dolomiten.

Gletscherabbruch in Italien Zahl der Vermissten sinkt auf fünf

Stand: 05.07.2022 17:00 Uhr

Zwei Tage nach dem Abbruch eines Gletschers in den Dolomiten ist die Zahl der Vermissten von 13 auf fünf gesunken. Auch ein Deutscher, nach dem wegen eines nicht abgeholten Autos gesucht wurde, ist wohlauf.

Am zweiten Tag nach dem tödlichen Gletscherabbruch in den italienischen Dolomiten ist die Zahl der Vermissten von 13 auf fünf gesunken. Das teilte die Autonome Provinz Trient mit, in der der Berg Marmolata liegt, an dem sich am Sonntag der Gletscherabbruch ereignete. Acht Menschen konnten die Behörden demnach wieder ausfindig machen. Bei ihnen bestand zunächst die Befürchtung, sie könnten unter den vermissten Bergsteigern sein, die verschüttet wurden. Außerdem sank die Zahl der Verletzten in Kliniken auf sieben, weil ein Patient entlassen wurde.

Wegen der drohenden Gefahr weiterer Lawinen und für den ungestörten Ablauf der Rettungsarbeiten blieb das Gebiet um den Berg bislang gesperrt, wie die Provinz Trentino mitteilte. Bei der Suche setzten Rettungskräfte hauptsächlich Drohnen ein, weil der Untergrund nicht stabil ist und die Suche am Boden noch zu gefährlich ist.

"Temperaturen ein entscheidender Faktor", Moritz Pompl, ARD Rom, zzt. Canazei, zur Vermisstensuche nach Gletscherbruch

tagesschau24 18:00 Uhr

Erschwerte Suche

Bei den bereits absolvierten Überflügen entdeckten die Helfer nach eigenen Angaben Kleidungsstücke im Bereich des Unglücksortes an der Marmolata, dem höchsten Berg der Dolomiten. Unklar sei aber, ob es sich um Kleidung von Opfern handle, erklärte ein Mitglied der Helikopter-Einheit der Provinz Trentino, den die Nachrichtenagentur Ansa zitiert. Bei der Suche fanden die Helfer laut Ansa auch "Reste von Vermissten". Dort seien sehr kleine menschliche Überreste, die kaum zuzuordnen seien, sagte der Chef der Bergrettung, Maurizio Dellantonio, vor Journalisten. "Das sind sehr schmerzvoll Dinge", fügte er hinzu.

Eine Lawine aus Eis, Geröll und Schnee ging am Sonntagnachmittag von dem Gletscher in den Dolomiten ab. Sie riss mindestens sieben Bergsteiger in den Tod. Acht Menschen wurden verletzt, darunter auch ein Mann und eine Frau aus Deutschland. Fünf Menschen gelten weiter als vermisst.

Der Gletscher Marmolata in den Dolomiten

Die Abbruchkante am Gletscher Marmolata in den Dolomiten ist deutlich zu sehen.

Halter des deutschen Autos ermittelt

Den Halter eines Fahrzeugs mit deutschem Kennzeichen konnten die Behörden mittlerweile ermitteln. Das bestätigte die Polizei der Nachrichtenagentur dpa. Sein Auto stand auf einem Parkplatz, den viele Bergsteiger auf dem Weg zum Marmolata-Gipfel benutzen. An den Wagen mit einem Nummernschild aus Bayern kehrte nach dem Unglück am Sonntagnachmittag zunächst niemand zurück. Die Behörden schlossen deshalb nicht aus, dass Insassen unter den Opfern sein könnten. Das ist laut Polizei aber nicht der Fall. Der Mann befände sich außer Gefahr.

In zwei Kliniken in der Provinz Belluno behandelten die Ärzte unterdessen weiter die beiden Deutschen, die bei dem Gletschersturz verletzt wurden. Zu ihren Gesundheitszuständen gab es keine neuen Informationen. Sie lägen weiter auf der Intensivstation, erklärte eine Sprecherin des Krankenhauses.

Suche dauert wohl noch Wochen

Die Bergrettung stellte in Aussicht, ab Mittwoch oder Donnerstag bis zu 15 Spezialisten und Hunde bei der Suche nach möglichen Opfern an den abgegangenen Gletschermassen einzusetzen. Für den Einsatz der Rettungskräfte vor Ort am Boden ist jedoch das Wetter entscheidend. Am Montag brachen die Behörden die Such- und Bergungsarbeiten wegen eines Unwetters ab.

Es wird befürchtet, dass die Suche unter den Eis- und Geröllmassen noch Wochen dauern könnte. Die Lawine habe sich inzwischen festgesetzt und sei sehr hart geworden. Graben könne man nur mit technischem Gerät, was aber unter den gegenwärtigen Umständen nicht an Ort und Stelle gebracht werden könne, sagte Bergrettungschef Dellantonio.

Zusammenhang mit Klimakrise

Als Grund für den Gletscherabbruch sehen Experten die Folgen des Klimawandels. Der italienische Regierungschef Mario Draghi sowie Staatsoberhaupt Sergio Mattarella teilen diese Einschätzung. Seit Jahren schmilzt das Gletschereis in den Alpen wegen der gestiegenen Temperaturen. Im Gebiet der Marmolata war es in den Tagen vor dem Unglück außerdem ungewöhnlich warm.

Experten erklärten, im vergangenen Winter sei ungewöhnlich wenig Schnee gefallen, weshalb die Sommerhitze den Gletschern in den italienischen Alpen jetzt besonders zusetze. Der nationale Forschungsrat schätzt, dass der Marmolata-Gletscher in 25 bis 30 Jahren vollständig verschwunden sein wird, falls die gegenwärtigen Klimabedingungen anhalten.

Die Marmolata liegt in den italienischen Alpen in der Region Trentino an der Grenze zu Venetien, nordöstlich von San Pellegrino.

Jörg Seisselberg, Jörg Seisselberg, ARD Rom, 05.07.2022 17:52 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 05. Juli 2022 um 16:00 Uhr.