Eine Pariser Straße voller Demonstranten in der Abenddämmerung.

Rentenreform in Frankreich Mehr als eine Million Menschen protestieren

Stand: 23.03.2023 20:51 Uhr

Deutlich mehr Menschen als bisher haben in Frankreich gegen die Rentenreform der Regierung protestiert. Das Innenministerium sprach von knapp 1,1 Millionen Menschen, die Gewerkschaft CGT von 3,5 Millionen. Mancherorts gab es Ausschreitungen.

In Frankreich sind nach Angaben des Innenministeriums knapp 1,1 Millionen Menschen gegen die Rentenreform und gegen die Regierung auf die Straße gegangen - deutlich mehr als bisher. Die Gewerkschaft CGT meldete 3,5 Millionen Menschen.

Franzosen protestieren gegen Rentenreform - Gewerkschaften weisen Macrons Gesprächsangebot zurück

Sabine Rau, ARD Paris, tagesschau24 21:30 Uhr

Beim mittlerweile neunten landesweiten Protesttag wurden Bahnhöfe, Raffinerien und Häfen blockiert, Verbindungen im Nah- und Fernverkehr fielen aus. Auch ein Teil des Pariser Flughafen Charles de Gaulle wurde blockiert. Viele Schulen blieben geschlossen, weil Lehrer streikten.

Ein Demonstrant mit Gasmaske tritt eine Tränengaskartusche auf einer Kreuzung in Toulouse weg.

Auch im südfranzösischen Toulouse wurde demonstriert, die Polizei setzte Tränengas ein.

Mancherorts kam es zu Ausschreitungen. In Paris setzte die Polizei Wasserwerfer ein und auch in Bordeaux, Nantes und Rennes war die Stimmung aufgeheizt. In Lorient in der Bretagne wurde nach Angaben der Zeitung "Ouest-France" der Hof einer Polizeiwache in Brand gesetzt.

Im Vorfeld waren etwa 800.000 Protestierende landesweit erwartet worden - die Gewerkschaft CGT meldete diese Teilnehmerzahl nun allein für Paris, das Innenministerium sprach für die Hauptstadt von etwa 119.000 Menschen.

Die Wut ist gewachsen

Es war der erste Protesttag, seit Premierministerin Elisabeth Borne auf Anweisung Macrons die Rentenreform mittels des Verfassungsartikels 49.3 ohne Abstimmung des Parlaments durchgedrückt hatte. Ein darauf folgendes Misstrauensvotum überstand die Regierung nur knapp.

Am Mittwoch hatte sich Präsident Emmanuel Macron in einem Interview unnachgiebig gezeigt. Seitdem sei die Wut bei vielen Menschen noch größer geworden, sagten mehrere Gewerkschaftsfunktionäre. Macron hatte die Proteste dabei auch in die Nähe des Sturms auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 gerückt. Macron nahm am Donnerstag am EU-Gipfel in Brüssel teil, stellte sich aber keinen Fragen von Journalisten.

"Er ist derjenige, der das Land in Brand setzt", sagte Celine Verzeletti von der Gewerkschaft CGT dem Radiosender France Inter. Der Chef der moderateren Gewerkschaft CFDT, Laurent Berger, sagte, Macron müsse die Reform aussetzen. "Das heißt, sie zurückziehen oder ihre Umsetzung aussetzen, es kann alles mögliche bedeuten."