
Prozess zur Anschlagserie in Paris "Die Welt beobachtet uns"
130 Menschen starben, Hunderte wurden verletzt: In Paris hat der Prozess um die islamistischen Terroranschläge vom November 2015 begonnen. Die Bedeutung des Verfahrens ist immens. Ein Urteil ist frühestens im Mai 2022 zu erwarten.
Es soll der umfassendste Prozess in der Geschichte Frankreichs werden: Knapp sechs Jahre nach den traumatisierenden Anschlägen vom 13. November 2015 in Paris müssen sich nun 20 mutmaßliche Beteiligte vor einem eigens zusammengestellten Schwurgericht verantworten. "Wir beginnen einen Prozess, der als historisch gilt", sagte der Vorsitzende Richter Jean-Louis Périès zum Auftakt.
Bei den Angriffen auf die Konzerthalle Bataclan, das Pariser Fußballstadion, sowie Restaurants und Cafés in der französischen Hauptstadt hatten neun Bewaffnete und Selbstmordattentäter der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) 130 Menschen getötet und Hunderte weitere verletzt.
Zum Auftakt des Prozesses wurden einige der Angeklagten in eine verglaste Abteilung des Gerichtssaals geführt. Unter ihnen war auch der einzig noch lebende mutmaßliche Angreifer, Salah Abdeslam. Gegen sechs der Angeklagten findet der Prozess in Abwesenheit statt.
Abdeslam bekennt sich zum IS
Abdeslam bekannte sich schon bei der Feststellung der Personalien zur Dschihadistenmiliz IS. "Ich habe jeden Beruf aufgegeben, um Kämpfer des Islamischen Staates zu werden", antwortete Abdeslam auf die Frage nach seinem Beruf.
Der 31-Jährige soll drei der Attentäter zum Fußballstadion gebracht und selber einen Sprengstoffgürtel getragen haben. Abdeslam hatte die vergangenen fünf Jahre in Isolationshaft verbracht und bislang die Aussage zu den Taten verweigert.

Salah Abdeslam bekannte sich zum Auftakt des Prozesses zum IS.
Prozess soll mehrere Monate dauern
An den ersten beiden Prozesstagen werden die knapp 1800 Nebenkläger aufgerufen, unter ihnen Betroffene und Angehörige aus etwa 20 Ländern. Der Prozess soll neun Monate dauern. Im September sollen Ermittlungsergebnisse und Beweise präsentiert werden. Im Oktober sollen Geschädigte zu Wort kommen, im November und Dezember Regierungsbeamte, unter ihnen der damalige Präsident François Hollande, aber auch Verwandte der Angreifer.
Ein Urteil ist frühestens im Mai 2022 zu erwarten. Abdeslam und mehreren anderen Angeklagten drohen lebenslange Haftstrafen. "Die gesamte Welt beobachtet uns", sagte Justizminister Eric Dupond-Moretti französischen TV-Sendern. Die Ereignisse hätten sich tief in das kollektive Gedächtnis eingegraben, fügte er hinzu.

Islamistische Extremisten griffen am Abend des 13. November 2015 in einer koordinierten Aktion zahlreiche Ziele in Frankreichs Hauptstadt Paris an. In der Konzerthalle Bataclan richteten sie während eines Auftritts der Band "Eagles of Death Metal" ein Massaker an und töteten 90 Menschen. Im Osten der Stadt beschossen sie Bars und Restaurants. Am Stade de France in Saint-Denis sprengten sich Selbstmordattentäter während des Fußball-Freundschaftsspiels zwischen Deutschland und Frankreich in die Luft. Es waren die bislang folgenschwersten Angriffe in Friedenszeiten für Frankreich. Insgesamt starben 130 Menschen.
Laschet besucht Gedenkstätte
In Paris gedachte Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet der Opfer und legte eine Rose an einem Gedenkstein nieder. "Das war ein Anschlag auf unsere Lebensform", sagte der CDU-Chef. "Wir brauchen mehr Europa gegen den Terrorismus", sagte er mit Hinweis darauf, dass die Täter aus Brüssel gekommen waren und durch Deutschland reisten, um dann in Paris einen Anschlag zu verüben. "Deutschland und Frankreich können hier für Europa ein Motor sein", sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident.

Der Prozess In Paris soll neun Monate dauern - mit einem Urteil wird frühestens 2022 gerechnet.
Insgesamt sind knapp 1000 Sicherheitskräfte im Einsatz, um den Prozess in Paris abzusichern. Im historischen Justizpalast auf der Ile-de-la-Cité wurde ein neuer Saal mit 550 Plätzen eingerichtet. Die Verhandlungen können in etwa zehn weitere Säle übertragen werden. Der Prozess soll für die Nachwelt gefilmt werden.