
Vulkanausbruch befürchtet Erdbebenserie erschüttert Island
10.000 Beben hat der isländische Wetterdienst binnen einer Woche registriert. In manchen Regionen hebt sich die Erde um vier Millimeter - pro Tag. Das weckt die Angst vor einem Vulkanausbruch.
Fannar Jonasson erinnert sich gut an das erste Beben: "Wir waren alle online", sagt er, "und wir fragten die anderen: Fühlst du es? Wackelt es auch bei dir auch? Hier in Grindavik konnte man das deutlich spüren." Das war vor einer Woche. Seither bebt die Erde im Südwesten der Insel immer wieder.
Dort liegen neben Grindavik, einer Stadt mit etwa 3000 Einwohnern, auch der internationale Flughafen Keflavik und die berühmte Blaue Lagune, das große Bad mit seinem warmen mineralreichen Wasser. Das alles nur etwa 50 Kilometer von der Hauptstadt Reykjavik entfernt.
Vier Millimeter hebt sich die Erde - pro Tag
Schon seit mehr als einem Jahr fühlt sich dieser Teil der Vulkaninsel nicht mehr richtig an. Im Januar 2020 hatte Geologen beobachtet, dass sich an bestimmten Stellen die Erde hob, um bis zu vier Millimeter pro Tag. Und nun hat der zuständige Wetterdienst in einer Woche mehr als 10.000 Beben registriert.
Geologin Kristín Jónsdóttir ist Erdbeben-Expertin bei der Behörde: "Es sind schon ziemlich viele. Man kann sagen, es gibt immer ein paar Hauptbeben und dann jede Menge Nachbeben."
Erinnerung an Eyjafjallajökull
Das macht den, was Beben und Vulkanausbrüche angeht, eigentlich ja abgehärteten Isländern Angst. Und weckt Erinnerungen unter anderem an März und April 2010. Da war der Vulkan Eyjafjallajökull im Süden der Insel ausgebrochen und hatte mit seiner riesigen Aschewolke den Luftverkehr in Europa lahmgelegt.
Ähnliches wäre diesmal eher nicht zu fürchten, dafür aber weit höhere Sachschäden, sollte Lava an die Oberfläche kommen. Anfangs waren Geologen noch gelassen, aber inzwischen sehen sie das wohl anders, deutet zumindest Jónsdóttir an: "Ich habe noch nie so starke Erdbebenschwärme erlebt oder so viele Beben in so kurzer Zeit. Das ist wirklich ungewöhnlich."
Viele Szenarien
Es gibt mehrere Szenarien. Im besten Fall hören die Beben irgendwann einfach auf. Im zweitbesten Fall gebe es das, was die Isländer eine "Tourist Eruption" nennen: Ein Ausbruch von Lava irgendwo im Nirgendwo, der tolle Bilder liefert, aber nichts kaputt macht. Schlimmer wäre es, wenn sich ein großer Lavafluss langsam übers Land wälzen würde und alles im Weg mitnähme, Häuser, Straßen, Industrien. Oder Lava bräche unter Wasser aus. Dann könnte es doch größere Aschewolken geben.
Bestseller-Buch
Niemand weiß genau, was passiert, aber viele haben über die Jahreswende ein neues Buch gelesen, das es noch nur auf Isländisch gibt. Titel: "Die Feuer, Liebe und andere Katastrophen". Mitreißend, inzwischen aber auch ungewollt beängstigend. Als hätte Autorin Sigríður Hagalín Björnsdóttir das was geahnt: "Das Buch beschreibt, was passiert, wenn die Vulkane auf der Reykjanes-Halbinsel, die 800 Jahre lang inaktiv waren, aufgrund eines Erdbebens plötzlich ausbrechen. Es zieht viele Parallelen zwischen einem Vulkanausbruch und der Liebe, die beide konstruktiv und destruktiv sein können."
Viele Leute auf der Insel bereuen inzwischen, das Buch gelesen zu haben. Denn es gibt darin erschreckende Ähnlichkeiten zu dem, was im Moment in Wirklichkeit passiert. Und am Schluss gibt es leider kein Happy-End, ganz im Gegenteil.