Menschen stehen vor dem brennenden Einkaufzentrum in Krementschuk

Krieg gegen die Ukraine Mindestens 13 Tote bei Angriff auf Einkaufszentrum

Stand: 27.06.2022 23:02 Uhr

Bei einem Raketenangriff auf ein belebtes Einkaufszentrum in der zentralukrainischen Stadt Krementschuk sind mindestens 13 Menschen getötet worden. Mehr als 40 wurden verletzt. Westliche Politiker sprechen von Kriegsverbrechen.

Wenige Stunden nach der Teilnahme des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am G7-Gipfel wurde in der zentralukrainischen Stadt Krementschuk ein belebtes Einkaufszentrum von einer Rakete getroffen. Dabei seien mindestens 13 Menschen ums Leben gekommen und mindestens 40 verletzt worden seien, teilte der Gouverneur des Gebiets Poltawa, Dmytro Lunin, mit.

Zum Zeitpunkt des Angriffs hätten sich mehr als tausend Menschen in dem Einkaufszentrum befunden, erklärte Selenskyj. "Es ist sinnlos, auf Anstand und Menschlichkeit aus Russland zu hoffen", schrieb Selenskyj auf Telegram.

Tote und Verletzte nach russischem Angriff auf Einkaufszentrum in ukrainischem Krementschuk

V. Golod, WDR, R. Barth, WDR, tagesschau, tagesschau, 27.06.2022 20:00 Uhr

"Der Raketenbeschuss von Krementschuk traf einen belebten Ort, der nichts mit den Kämpfen zu tun hat", schrieb der Bürgermeister der Stadt, Vitali Maletsky, bei Facebook. Gouverneur Lunin warf den russischen Truppen "Kriegsverbrechen" und "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" vor. Ein Raketenangriff auf ein volles Einkaufszentrum sei ein "zynischer Terrorakt gegen die Zivilbevölkerung".

Aus Russland gab es bislang keine Reaktion. Die Regierung in Moskau bestreitet, absichtlich auf Zivilisten zu zielen. Zum Teil lassen sich Angaben nicht unabhängig überprüfen.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Region von Angriffen bislang verschont gewesen

Krementschuk liegt etwa 250 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Kiew. Die Gegend war bislang von den Kämpfen seit Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar weitgehend verschont geblieben. Dort befindet sich die größte Ölraffinerie des Landes. In unmittelbarer Nähe des Einkaufszentrums befinden sich mehrere Industrieanlagen, darunter eine Fabrik für Straßenbaumaschinen. Nach Angaben des Zivilschutzes waren 115 Feuerwehrleute mit 20 Löschwagen im Einsatz.

Zum Abend konnte das Feuer örtlichen Behörden zufolge gelöscht werden. Auf einem von Gouverneur Lunin bei Telegram verbreiteten Video war ein weitgehend ausgebranntes Gebäude zu sehen. Nach Angaben der ukrainischen Luftwaffe wurde das Einkaufszentrum von Kh-22-Anti-Schiffsraketen getroffen, die von der russischen Region Kursk aus abgefeuert worden waren. Der Sekretär des Sicherheitsrats, Olexij Danilow, sagte, dass eine zweite Rakete in ein örtliches Sportstadion eingeschlagen sei.

Ranghohe Politiker zeigen sich entsetzt

Die Attacke wurde im Westen von ranghohen Politikern verurteilt - auch von der G7-Gruppe. Sie verurteile den "abscheulichen Angriff" auf "das Schärfste", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. "Wir werden nicht ruhen, bis Russland seinen brutalen und sinnlosen Krieg gegen die Ukraine beendet."

US-Außenminister Antony Blinken twitterte, "die Welt ist entsetzt über Russlands heutigen Raketenangriff, der ein belebtes Einkaufszentrum traf". Die USA würden die Ukraine weiter unterstützen und die Verantwortlichen für Gräueltaten zur Verantwortung ziehen.

Der britische Premierminister Boris Johnson attestierte Russlands Präsident Wladimir Putin "abgrundtiefe Grausamkeit und Barbarei". Putin bewirke damit jedoch nur, dass die Entschlossenheit Großbritanniens und der anderen G7-Länder gestärkt werde, die Ukraine "so lange wie nötig" zu unterstützen.

Die Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, schrieb auf Twitter, die Angriffe seien "abscheuliche Kriegsverbrechen". Die Unterstützung der Ukraine müsse "drastisch" beschleunigt werden.

Weitere Angriffe auf Charkiw und Lyssytschansk

Auch in Charkiw, der zweitgrößten Stadt der Ukraine, gingen heute Raketen nieder. Dabei seien fünf Menschen getötet worden, erklärte Regionalgouverneur Oleg Sinegubow. 22 weitere Menschen seien verletzt worden, darunter vier Kinder. "Der Feind terrorisiert bewusst die Zivilgesellschaft", schrieb Sinegubow bei Telegram.

Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.

Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.

In der Stadt Lyssytschansk in der Ostukraine kamen ebenfalls mehrere Menschen durch einen Raketenangriff ums Leben. Behördenangaben zufolge starben acht Menschen, die sich vor einem Tankwagen anstellten, um Trinkwasser zu bekommen. Lyssytschansk ist das nächste wichtige Ziel der russischen Truppen, nachdem sie die Nachbarstadt Sjewjerodonezk nach wochenlangen Gefechten am Wochenende gänzlich eingenommen hatten.

Die Region Luhansk, eine der beiden Teilregionen des Donbass, steht damit nahezu vollständig unter russischer Kontrolle. "Lyssytschansk und die umliegenden Dörfer erleben ihre schwersten Tage. Die Russen zerstören alles auf ihrem Weg", erklärte Luhansks Regionalgouverneur Serhij Hajdaj.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.