Generaldirektor der Abteilung für europäische Angelegenheiten des chinesischen Außenministeriums, Wang Lutong

Ukraine-Krieg China bestreitet Umgehung von Russland-Sanktionen

Stand: 02.04.2022 12:26 Uhr

Seit Beginn des Krieges steht China fest an Russland Seite. Nun hat Peking sich zu den Sanktionen gegen Moskau positioniert. Man wolle diese nicht umgehen. Zuvor hatte die EU mit wirtschaftlichen Konsequenzen gedroht.

Bislang hat China den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht verurteilt. Auch an den westlichen Sanktionen gegen Russland beteiligt sich China nicht. Stattdessen wird befürchtet, dass die chinesische Führung die Strafmaßnahmen umgeht - und damit Russland unterstützt.

Diesen Vorwurf hat die chinesische Regierung nun erstmals explizit bestritten. "Wir tun nichts absichtlich, um die von den Amerikanern und Europäern gegen Russland verhängten Sanktionen zu umgehen", sagte der Generaldirektor der Abteilung für europäische Angelegenheiten des chinesischen Außenministeriums, Wang Lutong, in Peking.

Die Strafmaßnahmen gegen Russland kritisierte er dennoch. "Wir sind gegen Sanktionen, und die Auswirkungen könnten auch auf den Rest der Welt übergreifen", sagte Wang. Er forderte, dass Chinas normaler Handel mit Moskau "nicht beeinträchtigt werden sollte". Zum Wohle der Weltwirtschaft müsse es darum gehen, "eine mögliche Unterbrechung der Liefer- und Industrieketten zu vermeiden."

Gegen die "Hegemonie" der USA

Russland und China hatten zuletzt wiederholt ihre enge Partnerschaft hervorgehoben. Bei einem Besuch des russischen Außenministers Sergej Lawrow in China am Mittwoch hatte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums gesagt, die "chinesisch-russische Zusammenarbeit" sei "grenzenlos". Die Beziehungen entwickelten sich in "die richtige Richtung". Beide widersetzten sich der "Hegemonie" der USA.

Nun spielte Wang die Rolle Chinas allerdings herunter. "Der Schlüssel zu diesem Problem liegt nicht in den Händen Chinas, sondern in Washington und Brüssel", sagte er. Es gehe um die europäische Sicherheit und "es liegt an den Europäern, die Sache zu regeln."

Zugleich schlug er vor, US-Präsident Joe Biden solle den russischen Präsidenten Wladimir Putin anrufen und versprechen, dass es keine weitere NATO-Erweiterung und keine Stationierung strategischer Waffen in der Ukraine geben und das Land neutral bleiben werde. Dann werde sich "das Problem" vielleicht klären, so Wang. "Was ist das Ziel der Amerikaner? Wollen sie einen Waffenstillstand in der Ukraine erreichen oder wollen sie Russland schwächen? Oder sprechen einige Leute von einem Regierungswechsel?", sagte Wang in Anspielung auf Bidens Bemerkung, Putin dürfe nicht im Amt bleiben. "Wenn sie auf einen Waffenstillstand aus sind, könnte dieses Problem sehr leicht gelöst werden."

Wenig Harmonie beim EU-China-Gipfel

Wangs Äußerungen folgten auf die gestrigen Gespräche zwischen chinesischen und EU-Spitzenpolitikern, bei denen die Gegensätze frontal aufeinander prallten. Peking bekräftigte seinen Widerstand gegen Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Spitzenvertreter der EU warnten China, Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine zu unterstützen.

Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping schob außerdem den Europäern die Schuld an dem Konflikt zu. Die Grundursache der Ukraine-Krise seien "die regionalen Sicherheitsspannungen in Europa, die sich über Jahre aufgebaut haben", sagte Xi - und warnte davor, "Öl ins Feuer zu gießen und die Spannungen anzuheizen".

Zugleich sorgte sich der chinesische Staatschef aber auch um Chinas Wirtschaftsinteressen in der Welt. Der regionale Konflikt dürfe sich nicht ausweiten, sagte er. Die Welt dürfe nicht "als Geisel gehalten" und das globale Wirtschaftssystem nicht "beliebig gestört" oder "als Waffe" eingesetzt werden.

EU droht mit wirtschaftlichen Konsequenzen

Sich der Sorge um Chinas ökonomische Interessen bewusst, drohte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen wiederum indirekt Konsequenzen für die engen Wirtschaftsbeziehungen an. "Es ist klar, dass der russische Einmarsch in die Ukraine nicht nur ein entscheidender Moment für unseren Kontinent, sondern auch für unser Verhältnis zum Rest der Welt ist", sagte von der Leyen. Laut EU-Ratspräsident Charles Michel könnten die engen Wirtschaftsbeziehungen zu China in Frage gestellt werden, sollte sich Peking nicht deutlicher von Russland distanzieren.

Die EU ist derzeit mit Abstand der wichtigste Handelspartner Chinas. Dagegen taucht Russland in der Liste der zehn wichtigsten Handelspartner Chinas nicht einmal auf. Stattdessen stehen auf Platz zwei nach der EU die USA, die China für den Fall einer klaren materiellen Unterstützung Russlands bereits Sanktionen angedroht haben. Verhängt werden sollen Strafmaßnahmen insbesondere dann, wenn chinesische Unternehmen oder Banken die US-Sanktionen gegen Russland unterlaufen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 02. April 2022 um 14:00 Uhr.