Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte.

Urteil des Menschengerichtshofes 330.000 Euro Entschädigung für Flüchtlinge

Stand: 07.07.2022 16:31 Uhr

Acht Jahre nach einem Bootsunglück mit Migranten ist Griechenland wegen unterlassener Hilfeleistung vom Europäischen Menschengerichtshof verurteilt worden. Die Flüchtlinge müssen mit 330.000 Euro entschädigt werden.

Griechenland ist wegen unterlassener Hilfeleistung für Bootsflüchtlinge vom Europäischen Menschengerichtshof zu 330.000 Euro Strafe verurteilt worden. Die Straßburger Richter gaben Überlebenden Recht, deren Holzkahn am 20. Januar 2014 im Beisein der griechischen Küstenwache nahe der Insel Farmakonisi gekentert war. Bei dem Unglück kamen elf Menschen ums Leben.

Mit Blick sowohl auf die Rettungsmaßnahmen als auch auf die gerichtliche Aufklärung durch die griechische Justiz befand der Gerichtshof, das Recht auf Leben sei verletzt worden. Zudem hätten die Überlebenden auf Farmakonisi eine erniedrigende Behandlung erfahren. Dazu zählte, dass die soeben Geretteten, die teils Angehörige verloren hatten, sich unmittelbar nach der Landung vor zahlreichen Zuschauern nackt ausziehen mussten.

Hilfsmaßnahmen zu spät

Zwar lässt sich laut dem Gerichtshof wegen lückenhafter griechischer Ermittlungen nicht mehr feststellen, ob die Ursache für das Kentern ein sogenannter Pushback war, also ein rechtswidriges Zurückdrängen von Flüchtlingen; das Gericht machte aber unzweifelhafte Versäumnisse der Küstenwache geltend.

So fehlten auf dem Schnellboot nötige Rettungsausrüstung und Schwimmwesten; es wurde keine Verstärkung angefordert. Auch warum Hilfsmaßnahmen erst mit beträchtlicher Verspätung nach dem Sinken des Schiffs begannen, konnten die Behörden laut dem Gericht nicht erklären.

Nach Angaben der griechischen Behörden kenterte das Boot dagegen aufgrund von Panik an Bord.

Pro Asyl begrüßt Urteil

Pro Asyl begrüßte die Entscheidung und sprach von einem bahnbrechenden Urteil. Nun erführen die Überlebenden des Bootsunglücks sowie die Angehörigen der ertrunkenen acht Kinder und drei Frauen späte Gerechtigkeit. Nach eigenen Angaben hatte Pro Asyl gemeinsam mit weiteren Nichtregierungsorganisationen die Klage der Überlebenden unterstützt. 13 Afghanen, zwei Syrer und ein Palästinenser, waren mit an Bord und hatten die griechische Küstenwache für den tödlichen Unfall verantwortlich gemacht.