Radaranlage

EU will Verkehrssünder stärker verfolgen Knöllchen ohne Grenzen

Stand: 02.12.2010 01:36 Uhr

Wer im Ausland beim Autofahren geblitzt wurde, hatte bislang wenig zu befürchten. Zwar gibt es seit Oktober europaweite Bußgeldbescheide, doch oft können diese nicht zugestellt werden. Der Grund dafür: Fahrzeughalter können nicht EU-weit ermittelt werden. Ein neues Gesetz soll dies ändern.

Von Katrin Brand, WDR-Hörfunkstudio Brüssel

Wer sich in Kleve in Sichtweite der niederländischen Grenze umhört, trifft nur auf besonnene Autofahrer. "Also auf der Autobahn fahre ich nur mit Tempomat 120, das weiß man ja", sagt der eine. "Ich fahre deutlich vorsichtiger, weil ich weiß, dass die Preise in den Niederlanden teurer sind als in Deutschland", sagt die andere. Und ein dritter berichtet, dass er beim Nachbarn als Halter des Fahrzeuges zur Kasse gebeten wurde, obwohl er gar nicht am Steuer saß.

Die Schlagbäume sind längst weg, doch wer, wie die Bürger aus Kleve, öfter mal ins Nachbarland reist, merkt schnell: Die Niederlande sind Ausland, da gelten im Straßenverkehr andere Regeln. Wer dagegen verstößt, muss zahlen, denn Bußgelder aus dem Ausland werden auch in Deutschland eingetrieben. Für Knöllchen aus den Niederlanden gilt das schon länger, für den Rest der EU seit Oktober, sobald es um Summen von mehr als 70 Euro geht.

Bis zu 50 Prozent der Verkehrsverstöße durch ausländische Fahrer

Das setzt allerdings voraus, dass der Täter ermittelt werden kann. Und dabei gibt es Probleme: "Es ist fast unmöglich, die registrierten Fahrzeugdaten zu verfolgen, um die Bescheide zu versenden und zu vollstrecken", sagt Helen Kearns, Sprecherin der EU-Kommission. Das soll sich ändern, schließlich benähmen sich viele Autofahrer im Ausland keinesfalls wie gute Gäste.

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Auf vielen europäischen Autobahnen gilt ein generelles Tempolimit. Wer dagegen verstößt, soll bald EU-weit zur Kasse gebeten werden.

Laut Statistik stellen ausländische Fahrer nur fünf Prozent des Verkehrsaufkommens, aber 15 Prozent der Raser. "Und in der Hochsaison machen sie in Ländern wie Frankreich 40 bis 50 Prozent der Verkehrsverstöße aus", sagt Kearns.

Die Kommission möchte deshalb, dass die Verkehrsminister der EU sich heute endlich über ein Gesetz zum elektronischen Austausch von Halterdaten einigen. Die Behörden der 27 Regierungen könnten damit ausländische Verkehrssünder schneller finden und bestrafen. Dabei soll es nicht um Falschparken gehen, sondern um ernsthafte Verstöße wie etwa betrunken fahren, rote Ampeln ignorieren, Rasen, Fahren ohne Gurt oder ohne Motorrad-Helm.

ADAC sieht rechtliche Bedenken

Aus Deutschland kommen allerdings Bedenken, zum Beispiel vom ADAC. "Wenn der Fahrer des Fahrzeugs, der zum Beispiel zu schnell gefahren ist, nicht ermittelt werden kann, dann ist es in einigen Ländern so, dass das Bußgeld an den Halter geht", sagt Sprecher Otto Saalmann. Das widerspreche aber den deutschen Rechtsprinzipien. In Deutschland zum Beispiel wird von vorn geblitzt, in anderen Ländern aber von hinten. Der Fahrer ist dort also nicht zu erkennen.

Nun einfach den Halter des Fahrzeugs zu bestrafen, ist nach deutschem Rechtsverständnis nicht vorstellbar. Das hat auch die EU-Kommission verstanden, und so soll heute nach einer Formulierung gesucht werden, mit der auch die Bundesregierung leben kann.

Bußbescheide in der Landessprache

Klar ist hingegen, dass es nur um die Verfolgung von Geldstrafen, nicht aber den Entzug von Führerscheinen oder die Vergabe von Punkten gehen wird. Und natürlich sollen die Bescheide in einer Sprache versandt werden, die der mutmaßliche Täter auch verstehen kann. Nach wie vor werden die EU-Staaten auch selbst bestimmen, wie sie welche Verstöße bestrafen. Sollten sich die Verkehrsminister einigen, muss noch das Europaparlament zustimmen. Egal wie es ausgeht, empfiehlt es sich, den Rat von ADAC-Specher Saalmann zu befolgen - nämlich auch im Ausland die Verkehrsregeln zu beachten. Es sei immer noch so, dass gerade ausländische Verkehrsteilnehmer eher an Ort und Stelle abkassiert würden.