Afghanistan-Politik der EU Geläuterte Hardliner suchen politische Wege

Stand: 25.01.2010 18:35 Uhr

Bis vor kurzem noch galten zusätzliche Truppen oder ein härteres Vorgehen als entscheidender Ausweg für Afghanistan. Zur Freude von Außenminister Westerwelle ist nun Schluss damit. Auch Hardliner, wie sein britischer Amtskollege Miliband, setzen nun auf politische Lösungen, auch wenn zunächst einmal mehr Soldaten nach Afghanistan geschickt werden.

Von Peter Heilbrunner, SWR-Hörfunkstudio Brüssel

Der Ton der Afghanistan-Debatte hat sich hörbar verändert in den vergangenen Monaten: Bis ins letzte Jahr hinein haben die Hardliner die Diskussion beherrscht, haben wahlweise zusätzliche Truppen gefordert oder aber zumindest ein härteres Vorgehen gegen die Aufständischen. Damit ist nun Schluss, freut sich der deutsche Außenminister Guido Westerwelle. Es gehe nun um eine politische Lösung, "sonst werde man scheitern", so sagte er.

Es ist noch nicht lange her, da gehörte auch David Miliband, der britische Außenminister, zum Kreis derer, die vorwiegend auf eine militärische Lösung setzten. Heute dagegen, beim Treffen mit seinen EU-Kollegen in Brüssel, präsentierte sich ein geläuterter Miliband. "Allein mit mehr Truppen werden wir den Krieg nicht gewinnen", so der Gastgeber der Afghanistan-Konferenz am Donnerstag in London.

Korruptionsbekämpfung als Test für die Regierung

Engere Zusammenarbeit, gute Regierungsführung und nationale Aussöhnung - das sind die neuen Begriffe in der Debatte um Frieden und Stabilität in Afghanistan. Die Internationale Staatengemeinschaft wird nicht müde, den afghanischen Präsidenten Hamid Karsai an seine Verantwortung zu erinnern. Der Kampf gegen Korruption steht seither ganz oben auf der politischen Agenda der Regierung in Kabul.

Der Internationalen Staatengemeinschaft wird das aber nicht reichen. Sie will bei der Konferenz in London von Karsai Ergebnisse sehen oder zumindest handfeste Zusagen erhalten, wie die afghanische Regierung den Sumpf auszutrocknen gedenkt. Denn die Milliardenhilfen dürften nicht im System von Korruption und Erpressung versickern, so der britische Außenminister. Laut Miliband fließt in kein anderes Entwicklungsland mehr Geld als in das Land am Hindukusch.

Nicht jeder Aufständische ist ein Terrorist

Auch wenn es so keiner sagt: Der bisherige Ansatz, eine Befriedung Afghanistans vor allem durch einen Militäreinsatz zu erzwingen, gilt als weitgehend gescheitert. Die neue Strategie lautet, die Taliban zu spalten: die durch die Umstände Irregeleitete von den fanatischen Aufständischen. Westerwelle erinnerte daran, dass "nicht jeder, der in Afghanistan kämpft, ein Terrorist ist".

Um den Ausstiegswilligen ihre Entscheidung zu erleichtern, will die Internationale Gemeinschaft einen Fonds einrichten. Die afghanischen Behörden vor Ort sollen dann entscheiden, wer Geld bekommt. Das werde eine schwierige Aufgabe, räumt auch der deutsche Außenminister ein. Allen Ausstiegs- und Gesprächsangeboten zum Trotz rüstet die NATO am Hindukusch erst einmal weiter auf. Bald werden mehr als 100.000 ausländische Soldaten in Afghanistan stationiert sein.