Europäischer Gerichtshof

EU-Gericht urteilt Mutter des Wagner-Chefs zu Unrecht sanktioniert

Stand: 08.03.2023 13:53 Uhr

Geht die EU zu Unrecht mit Sanktionen gegen Familienmitglieder des Chefs der russischen Wagner-Söldner vor? Zu dieser Frage hat das Gericht der Europäischen Union nun ein Urteil gesprochen. Es betrifft die Mutter von Jewgeni Prigoschin.

Von Az. T-212/22

Das Gericht der Europäischen Union hat EU-Sanktionen gegen Violetta Prigoschina für nichtig erklärt. Wie das Gericht in Luxemburg mitteilte, reicht ein Verwandtschaftsverhältnis nicht aus, um Strafmaßnahmen gegen sie zu rechtfertigen. Prigoschina ist die Mutter des Chefs der russischen Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin. Sie sei zum Zeitpunkt der Verhängung der Sanktionen offensichtlich nicht - wie von der EU behauptet - Eigentümerin von Unternehmen mit Verbindungen zu ihrem Sohn gewesen.

Die EU-Staaten hatten Prigoschina am 23. Februar 2022 in Zusammenhang mit dem Krieg gegen die Ukraine auf ihre Sanktionsliste gesetzt, weil sie der Auffassung waren, dass Prigoschina - wie ihr Sohn - "Handlungen und politische Strategien unterstützt, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben". Dagegen reichte die Mutter des Chefs der sogenannten Wagner-Gruppe im April Klage ein. Auch gegen Prigoschin selbst wurden Sanktionen verhängt.

Prigoschinas Anwalt wirft der EU Tatsachenfehler vor

Prigoschinas Anwalt argumentierte unter anderem, die EU habe die Pflicht zur Begründung des Sanktionsbeschlusses missachtet und Tatsachenfehler begangen. So bestritt Prigoschina laut der Klage, Eigentümerin von zwei Unternehmen zu sein, die von ihrem Sohn gegründet wurden. Zudem führte sie an, dass aus den Verbindungen zu ihrem Sohn nicht geschlossen werden könne, dass sie die territoriale Unversehrtheit der Ukraine in irgendeiner Form beeinträchtigt habe. Das eigentliche Sanktionsziel bestehe darin, indirekt ihren Sohn zu treffen.

Prigoschin wird von der EU als "prominenter russischer Geschäftsmann mit engen Verbindungen zu Präsident (Wladimir) Putin und dem russischen Verteidigungsministerium" bezeichnet und für die Entsendung von Söldnern der Wagner-Gruppe in die Ukraine verantwortlich gemacht. Auch wird Prigoschin vorgeworfen, von russischen Entscheidungsträgern profitiert zu haben, die für die Annexion der Krim und die Destabilisierung der Ostukraine verantwortlich sind.

In der Ukraine ist die Wagner-Privatarmee berüchtigt, weil für sie auch verurteilte Strafgefangene rekrutiert wurden und sie mutmaßlich ohne Rücksicht auf Verluste vorgeht. In der Ukraine kämpfen die Söldner derzeit neben den regulären russischen Soldaten um die Kontrolle der östlichen Stadt Bachmut.

Weiterer Sanktionsbeschluss denkbar

Der Rat der Mitgliedstaaten kann das Urteil im Fall von Prigoschins Mutter noch vor dem Europäischen Gerichtshof anfechten. Denkbar ist auch, dass die Mitgliedstaaten zügig einen neuen, besser begründeten, Sanktionsbeschluss fassen.

Das Gericht der Europäischen Union ist ein eigenständiges europäisches Gericht, das dem Europäischen Gerichtshof nachgeordnet ist und gemeinsam mit diesem den Gerichtshof der Europäischen Union bildet. 

Max Bauer, Max Bauer, SWR, 08.03.2023 13:55 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR aktuell am 08. März 2023 um 12:50 Uhr.