
Post-Brexit-Gespräche Große Differenzen - größerer Zeitdruck
Stand: 20.04.2020 17:50 Uhr
Nach wochenlangem Stillstand wegen der Corona-Pandemie haben Großbritannien und die EU die Gespräche über ihre künftigen Beziehungen wieder aufgenommen - per Videokonferenz. Die Differenzen sind immer noch groß, die Zeit ist knapp.
Von Ralph Sina, ARD-Studio Brüssel
Sechs Wochen lang hatten die EU und Großbritannien ihre Verhandlungen über die zukünftigen Beziehungen unterbrochen. EU-Chefunterhändler Michel Barnier war an Covid-19 erkrankt. Sein Counterpart, Großbritanniens Chef-Verhandler David Frost, hatte sich wegen Corona-Symptomen in Quarantäne begeben. Heute konferierten beide Verhandlungsdelegationen zum ersten Mal via Videoschalte.
Auf die Frage, welche Rolle die Corona-Krise bei den Verhandlungen über das zukünftige Handels-und Partnerschaftsabkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU spielt, reagierte der Chefsprecher der EU-Kommission, Eric Mamer, ausweichend. Die Kommission habe ein formelles Verhandlungsmandat der EU-Mitgliedsstaaten. Dieses Mandat strukturiere die Verhandlungen mit Großbritannien. Und zwar ganz unabhängig davon ob, es eine Pandemie gebe oder nicht.
McAllister: Juni wird entscheidend sein
Fest steht, dass durch die Unterbrechung der Verhandlungen für beide Seiten der Zeitdruck noch größer geworden ist. Der Plan, bis Ende November dem britischen und dem EU-Parlament ein abstimmungsreifes Handelsabkommen vorzulegen, sei immer sehr ambitioniert gewesen, betonte David McAllister. Das äußerte der Vorsitzende des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten im EU-Parlament gegenüber dem ARD-Studio Brüssel. Es bleibe abzuwarten, wie effektiv und effizient die drei jeweils einwöchigen Videokonferenz-Runden bis zum Sommer sein werden.
Entscheidend werde nach seiner Einschätzung der Juni sein, so McAllister. Denn im Juni sollen beide Verhandlungsparteien im Rahmen einer sogenannten High-Level-Konferenz zusammen kommen, um das bisher Erreichte zu bewerten. Auch ein EU-Gipfel ist im Juni geplant, um eventuell das Verhandlungsmandat zu modifizieren und eine Verlängerung der Verhandlungen zu beantragen. "Als Europäische Union haben wir uns stets dafür offen gezeigt, die Übergangsphase über 2020 hinaus um maximal zwei Jahre zu verlängern“. Doch der britische Premier lehnt bisher eine Verlängerung der Verhandlungen strikt ab. "In London muss man eine Entscheidung treffen. Der Ball liegt eindeutig im britischen Spielfeld", betonte McAllister.
Corona-Pandemie bestimmt Agenda
Für EU-Verhandlungsführer Barnier steht fest: Ein Aufweichen der Arbeits-, Verbraucher- und Umweltschutzstandards im europäischen Binnenmarkt wird es nicht geben. Denn das Funktionieren dieses Binnenmarktes ist gerade vor dem Hintergrund der schweren wirtschaftlichen Krise durch die Corona-Pandemie existentieller denn je. Für die EU gibt es jetzt ein deutlich wichtigeres Thema als den Brexit. Das macht die Europäische Union für die Briten zu einem besonders konsequenten Verhandlungspartner.
Brexit: Partnerschaftsverhandlungen per Videopremiere
Ralph Sina, ARD Brüssel
20.04.2020 16:30 Uhr
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