Frage vom 16.03.2011 Wie lange dauert es, eine Kettenreaktion zu stoppen?

Stand: 16.03.2011 16:41 Uhr

In Fukushima scheinen alle Reaktoren außer Kontrolle zu sein - auch diejenigen, die schon vor dem Erdbeben abgeschaltet worden waren und in denen die Brennstäbe bereits im Abkühlbecken lagen. Wie lange also dauert es, bis die Kettenreaktion gestoppt ist?

Einen Atomreaktor kann man nicht wie eine Küchenlampe ausschalten – “Klack”, und das Uran wird zu Staub und Asche, stumm, still und ungefährlich. Wenn schon Küche, dann taugt eher die Herdplatte als Vergleich: Auch wenn der Schalter auf “O” steht, kann man sich an ihr noch schwer die Finger verbrennen.

Abschaltung unterbricht lediglich Kettenreaktion

Einen Reaktor abzuschalten bedeutet in der Praxis erst mal, dass die Kettenreaktion unterbrochen wird. Aus ihr stammt die immense Kraft der Meiler. Immer wenn genug spaltbares Material dicht genug zusammen ist, startet die Kettenreaktion. Um die zu stoppen, fährt man die so genannten Steuerstäbe zwischen die Brennstäbe, diese fangen die Neutronen ab. Das dauert im Normalfall einige Stunden, per Notfallschaltung aber ist das auch mal Sekundensache. So abgeschaltet, gibt das Kraftwerk keine Energie mehr ab.

Spaltbare Materialien strahlen auch nach Abschaltung weiter

Aber es ist nicht wirklich aus. Die Brennstäbe können nämlich gar nicht anders als „nach“strahlen. Das was aus den spaltbaren Materialien im Brennstoffen, also Uran 235 und Plutonium enstanden ist, das strahlt weiter. Auch ausgeschaltet liefert ein Atomkraftwerk deshalb noch fünf bis zehn Prozent seiner Maximalenergie. Selbst abgebrannte Stäbe sind noch etwa so radioaktiv wie reines Radium. Es ist sogar so, dass gerade abgebrannte Stäbe mit vielen Spaltprodukten besonders heftig nachstrahlen. Das kann so stark werden, dass die Brennstäbe wieder schmelzen können.

Plutonium strahlt mehrere Hunderttausend Jahren

Deshalb kommen die Brennelemente auch nicht einfach in den Abfalleimer, sondern in so genannte Abklingbecken. Da werden sie immer wieder gekühlt, bis sie – nach Jahren – in Castor-Behälter abgepackt werden können. Weiter geht es momentan noch nicht, denn ein Endlager haben wir in Deutschland nicht. Hat auch sonst niemand. Außer den Brennstäben muss noch eine Menge Material als radioaktiver Abfall endgelagert werden. Nehmen wir mal das AKW Stade, 2003 abgeschaltet. Das sind 3000 Tonnen strahlendes Material, das momentan samt und sonders in Zwischenlagern liegt.

Bis die Strahlung wirklich wieder auf ein natürliches Maß gesunken ist, vergehen mehrere Hunderttausend Jahre. Plutonium etwa strahlt nach 250.000 Jahren immer noch mit einem Tausendstel seiner Energie.

Fragen zu Fukushima

Die SWR-Uweltredakteure Werner Eckert und Axel Weiß haben im Blog zahlreiche Fragen zu Fukushima beantwortet. tagesschau.de hat diese ursprünglich für das Blog verfassten Texte nun zu einem Dossier zusammengefasst.