
Medienskandal in Österreich FPÖ-Politiker droht ORF-Moderator
Gerade erst ist Österreich im Pressefreiheit-Ranking nach hinten gerutscht, nun hat das Land einen neuen Medienskandal: EU-Spitzenkandidat Vilimsky von der FPÖ drohte ORF-Moderator Wolf wegen kritischer Fragen.
Österreichs Opposition zeigt sich empört über den Auftritt von FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky im ORF. Vilimskys unverhohlene Drohungen auf berechtigte Fragen zur Abgrenzung der FPÖ gegenüber dem Nationalsozialismus seien ein weiterer besorgniserregender Schritt in Richtung illiberale Demokratie Orban'scher Prägung, so der medienpolitische Sprecher der Sozialdemokraten, Thomas Drozda. Mit Drohungen auf kritische Fragen zu reagieren - damit habe die FPÖ einen neuen Tiefpunkt erreicht, erklärte die EU-Spitzenkandidatin der liberalen Neos, Claudia Gamon.
Drohung gegen Journalisten Wolf
Der Auslöser der jüngsten Kontroverse: Am Dienstagabend hatte ORF-Moderator Armin Wolf in der Nachrichtensendung ZiB2 den FPÖ-Generalsekretär und EU-Spitzenkandidaten für die Europa-Wahlen Vilimsky zu dem "Rattengedicht" eines FPÖ-Lokalpolitikers aus Braunau am Inn befragt. Der Politiker war nach der massiven Kritik unter anderem von Bundeskanzler Sebastian Kurz gestern von seinen Ämtern zurückgetreten.
Wolf blendete dann ein Karikaturen-Poster der FPÖ-Jugend in der Steiermark ein, auf dem ein junges blondes Paar in Trachtenkleidung zu sehen war, umgeben von graugezeichneten finster dreinblickenden Gestalten. Wodurch sich diese Darstellung von der antisemitischen Darstellung eines Juden im NS-Kampfblatt "Der Stürmer" unterscheide, wollte Wolf wissen, und blendete auch die Stürmer-Zeichnung ein. Vilimsky erwiderte in der ORF-Sendung: "Diese Parallelität zu ziehen, Herr Wolf, ist also allerletzte Schublade. In dem Sie vom 'Stürmer' ein Bild nehmen, das einem Jugendplakat gegenüberstellen und die Nähe zum Nationalsozialismus suggerieren, ist etwas, was nicht ohne Folgen bleiben kann."
"Beispielloses Vergehen"
Diese Äußerung des FPÖ-Generalsekretärs könne nur als "persönliche Bedrohung von ZiB2-Moderator Armin Wolf verstanden werden", schrieb der Redakteursrat des öffentlich-rechtlichen ORF. Das Gremium bezeichnete den Auftritt des FPÖ-Politikers als weiteres Beispiel dafür, warum Österreich im internationalen Ranking der Pressefreiheit um fünf Plätze nach unten gerutscht sei. "Dass der Generalsekretär einer Regierungspartei in einem Interview den Moderator bedroht, hat es in dieser Form noch nicht gegeben. Der ORF-Redakteursrat protestiert auf das Schärfste gegen diesen Versuch persönlicher Einschüchterung."
Der Vorsitzende des ORF-Stiftungsrates hingegen, der ehemalige FPÖ-Vizekanzler Norbert Steger, bezeichnete den Vergleich mit dem NS-Kampfblatt "Der Stürmer" als empörend. Es sei "pervers, dass man solche lauen Lüfterl immer mit Nazis vergleicht". ORF-Moderator Wolf solle doch für die Sozialdemokraten kandidieren. Zudem, so sagte Steger gegenüber der Tageszeitung "Kurier", frage er sich mit Blick auf das von Kanzler Kurz als rassistisch bezeichnete "Rattengedicht", warum man Österreich im Ausland ständig wegen Kleinigkeiten thematisiere. Nur weil es Braunau sei? Der Geburtsort Hitlers könne kein Kriterium sein, so der Stiftungsrats-Chef des ORF. Nach Angaben des "Kurier" fügte Steger wörtlich hinzu: "Hitler ist für mich ein Deutscher und Beethoven ist ein Österreicher. Bei uns hat der Hitler keine Karriere zusammengebracht."
Bundespräsident Alexander van der Bellen warnte vor einer Vergiftung des gesellschaftspolitischen Klimas in Österreich: "Hetze gegen Mitmenschen werden wir in Österreich niemals akzeptieren", so Van der Bellen in einer schriftlichen Erklärung.