Tusk ist neuer Ratspräsident Politikprofi auf großer EU-Bühne

Stand: 01.12.2014 17:41 Uhr

Jahrelange Erfahrung als polnischer Premier und gut vernetzt in der EU: Mit Donald Tusk übernimmt ein Politikprofi das Amt des EU-Ratspräsidenten. Damit er auf der großen Bühne überzeugt, hat er auch noch an einer kleinen Schwäche gefeilt.


"I will polish my English", ich werde mein Englisch aufpolieren, hatte Donald Tusk vor drei Monaten in Brüssel gesagt. Der Intensivsprachkurs hat etwas gebracht. Der 57-Jährige sprach heute ganz locker Englisch und konnte damit beweisen, dass er lernfähig ist und sich als neuer Ratspräsident auf der europäischen Bühne bewegen kann. Politische Erfahrung hat Tusk: Sieben Jahre lang war er polnischer Ministerpräsident. Daher hat er gute Kontakte zu europäischen Staats- und Regierungschefs, vor allem zu Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Und doch war ihm heute Nervosität anzumerken: "Wenn Sie ein wenig aufgeregt sind, wegen des neuen Ratspräsidenten, machen sie sich keine Sorgen. Ich bin auch ein bisschen nervös", sagte Tusk mit einem Grinsen. In seiner ersten Rede betonte der neue EU-Ratschef, er werde sich gute Beziehungen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten bemühen. Sie seien das Rückgrat der demokratischen Gemeinschaften.

Befürworter von TTIP

Tusk ist liberal-konservativ und gilt als Befürworter des umstrittenen Freihandelsabkommens TTIP zwischen Europa und den USA. Verhandlungsgeschick wird er auch bei den Treffen der Staats- und Regierungschefs beweisen müssen, die er künftig leiten wird. Sein erster EU-Gipfel steht in zweieinhalb Wochen an. Dort wird Tusk vermitteln müssen, um eine Einigung für das geplante Investitionspaket von Kommissionschef Jean-Claude Juncker zu erzielen. Denn die Garantien für die Investitionen in Höhe von insgesamt 315 Milliarden Euro müssen die Mitgliedsländer leisten.

Anspielung auf das Verhältnis zu Russland


Geld war auch ein wichtiges Thema in Tusks erster Rede als neuer Ratspräsident. Die EU müsse Wege finde, um endgültig aus der Finanzkrise herauszukommen, so Tusk. Zudem gelte es, die Grenzen von Europa zu sichern, und diejenigen in der Nachbarschaft zu unterstützen, die europäische Werte teilen. Eine Anspielung auf das Verhältnis der EU zur Ukraine, aber auch in Richtung Russland.

Mahnende Worte des Vorgängers

Tusk ist der erste Osteuropäer, der den hohen EU-Posten innehat. Als polnischer Ministerpräsident hörte man harte Worte von ihm gegen die russische Regierung. In Zukunft wird er wohl leisere, pragmatischere Töne anschlagen. Denn, so mahnt sein Vorgänger Herman van Rompuy: "Donald Tusk ist ein Sohn des großartigen Landes Polen. Ab jetzt wird er wie ein Vater Sorge tragen für die gesamte Europäische Union".

Am Schluss tauschten beide noch Geschenke aus: Van Rompuy übergab seinem Nachfolger eine bronzefarbene Glocke. Der neue EU-Ratschef Tusk schenkte seinem Vorgänger im Gegenzug ein Stück Bernstein - denn das gilt in Polen als Glückbringer.

Karin Bensch, K. Bensch, WDR Brüssel, 01.12.2014 17:07 Uhr