Ein Mitarbeiter des Fiumicino-Flughafens in Rom trägt eine Schutzmaske (Archivbild vom 31.01.2020)

Coronavirus EU berät über schärfere Schutzmaßnahmen

Stand: 10.02.2020 16:08 Uhr

Im Kampf gegen das neuartige Coronavirus hat Großbritannien die Maßnahmen verschärft. Die EU setzte ein Sondertreffen der Gesundheitsminister an. Laut WHO könnten die bekannten Fälle außerhalb Chinas nur "die Spitze des Eisbergs" sein.

Die britische Regierung hat das neue Coronavirus als "ernsthafte und unmittelbar bevorstehende" Gefahr für die öffentliche Gesundheit bezeichnet. Menschen mit dem Virus dürften nun gegen ihren Willen isoliert und unter Quarantäne gestellt werden, kündigte die britische Gesundheitsbehörde an. Die verschärfte Maßnahme erleichtere es Mitarbeitern der Gesundheitsbranche, die Menschen im gesamten Land zu schützen.

Gleichzeitig gab die Regierung vier neue Infektionsfälle im Königreich bekannt. Damit steigt die Zahl der Betroffenen auf acht.

Ein Krankenwagen steht vor der Notaufnahme des St. Thomas' Hospital in London

Die mit dem Coronavirus infizierten Briten werden unter anderem von Spezialisten im St. Thomas Hospital in London behandelt.

Sondersitzung der EU-Gesundheitsminister

Großbritannien ist ein bedeutender Reiseverkehrsknotenpunkt zwischen Asien und Europa. Der EU-Kommissar für Krisenmanagement, Janez Lenarcic, kündigte für Donnerstag eine Sondersitzung der 27 Gesundheitsminister der Mitgliedsstaaten an, auf der über zusätzliche Schutzvorkehrungen beraten werden soll.

Mögliche Themen seien einheitliche Einreisekontrollen, eine drohende Medikamentenknappheit wegen Produktionsunterbrechungen in China und die beschleunigte Entwicklung eines Impfstoffes, teilte der EU-Rat mit. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte in der vergangenen Woche mit Blick auf ein Einreiseverbot für China-Reisende in die USA auch eine EU-weite Debatte über schärfere Einreisekontrollen in Europa gefordert.

WHO-Chef: Womöglich nur "Spitze des Eisbergs"

An dem Treffen wird auch ein Vertreter der Weltgesundheitsorganisation WHO teilnehmen. Mit Blick auf die bisher international bestätigten Erkrankungen sprach WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus davon, dass die bisher bekannten Fälle außerhalb Chinas nur "die Spitze des Eisbergs" sein könnten. Tatsächlich könnten die Zahlen auf eine weitaus größere Ausbreitung des Erregers hindeuten, schrieb er auf Twitter. Selbst Menschen, die noch nie nach China gereist sind, könnten demnach den Erreger auf andere Menschen übertragen. 

60 neue Infektionen auf Kreuzfahrtschiff

Von China aus hat sich der Erreger bislang in rund 30 Länder ausgebreitet. Außerhalb von China sind derzeit mehr als 320 Infektionsfälle bekannt. In Deutschland gibt es 14 nachgewiesene Infektionen. 

In Japan wurden an Bord eines unter Quarantäne stehenden Kreuzfahrtschiffes Medienberichten zufolge rund 60 neue Infektionsfälle festgestellt. Damit erhöhe sich die Zahl der Infizierten an Bord der "Diamond Princess" auf rund 130, berichtete der Sender NHK. Die Quarantäne soll noch bis zum 19. Februar andauern. An Bord befinden sich etwa 3700 Passagiere und Besatzungsmitglieder, darunter sind nach Erkenntnissen der Deutschen Botschaft in Tokio auch zehn deutsche Staatsangehörige.

"Diamond Princess"

Rund 3700 Menschen stehen auf der "Diamond Princess" unter Quarantäne.

Testergebnisse von China-Rückkehrern negativ

Derweil berichtete die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit, die Testergebnisse der jüngst aus China angekommenen Rückkehrer seien negativ ausgefallen. Die Betroffenen blieben wie angekündigt aber für 14 Tage in Quarantäne. Die 16 Erwachsenen und vier Kinder waren am Sonntag in Berlin-Tegel gelandet.

Die Menschen, die sich in der schwer vom Coronavirus betroffenen chinesischen Stadt Wuhan aufgehalten hatten, kamen umgehend auf eine Quarantäne-Station in Berlin-Köpenick. Die Tests auf das Coronavirus sollen nun zwei Wochen lang alle vier Tage wiederholt werden.

Bayern: Kontaktpersonen aus Quarantäne entlassen

In Bayern konnten erste Kontaktpersonen von Infizierten die häusliche Quarantäne verlassen. Allein im Landkreis Starnberg sei bis Sonntag für 16 Menschen die Isolation aufgehoben worden, teilte das bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) mit. Alle zwölf Coronavirus-Fälle in Bayern stehen in Zusammenhang mit dem Autozulieferer Webasto.

Rund 190 Menschen - Kollegen und private Kontaktpersonen der Infizierten - hatten sich laut LGL in häuslicher Isolierung befunden. Bis Mitte dieser Woche werde voraussichtlich der Großteil von ihnen daraus entlassen, sofern die jeweiligen Gesundheitsämter keine Gründe für eine Verlängerung feststellten, teilte der LGL-Sprecher mit.

Die Inkubationszeit könnte vorläufigen Analysen zufolge in seltenen Fällen bis zu 24 Tage betragen - und damit zehn Tage länger als bisher angenommen. Im Schnitt betrage der Zeitraum zwischen Ansteckung und ersten Symptomen wohl drei Tage, ergab eine Auswertung des Experten Zhong Nanshan nach Angaben der Zeitung "China Daily". Der Leiter des nationalen Expertengremiums zur Eindämmung der Lungenkrankheit hatte mit seinem Team 1099 Fälle aus 552 Krankenhäusern in China untersucht.

Mehr als 40.000 Infizierte in China

China vermeldete einen weiteren Anstieg der Virusfälle. Die Zahl der Todesopfer auf Festlandchina erhöhte sich um 97 auf 908. Hinzu kommen zwei weitere Verstorbene in Hongkong und auf den Philippinen. Bereits am Wochenende hatte die Zahl der Todesopfer jene der SARS-Pandemie der Jahre 2002 und 2003 überschritten. Die Zahl der in Festlandchina registrierten Krankheitsfälle durch das Virus stieg nach Angaben der Regierung um mehr als 3000 weitere Fälle. Die Gesamtzahl der Erkrankten gab der Gesundheitsausschuss der Regierung mit 40.171 an. 

Nach den verlängerten Ferien zum chinesischen Neujahr nahmen viele Beschäftigte im Land inzwischen die Arbeit wieder auf. Die Unternehmen wurden aufgefordert, ihren Mitarbeitern möglichst die Arbeit von zu Hause zu ermöglichen. Behörden in Shanghai empfahlen, größere Zusammenkünfte von Kollegen und gemeinsame Mittagspausen zu vermeiden. Die Mitarbeiter sollten demnach einen Mindestabstand von einem Meter einhalten und Lüftungssysteme ausgeschaltet werden.

Absagen für Mobilfunkmesse in Barcelona

Die weltweit führende Mobilfunkmesse Mobile World Congress (MWC) in Barcelona droht wegen des neuen Coronavirus zu einer Geisterveranstaltung zu werden. Mit Amazon sagte das vierte Großunternehmen seine Teilnahme ab. Auch Sony kündigte an, der Messe fernzubleiben.

Zuvor hatten bereits der schwedische Telekomausrüster Ericsson, der südkoreanische Elektronikkonzern LG und der Chiphersteller Nvidia abgesagt. Der MWC gilt als weltweit wichtigste Veranstaltung der Mobilfunkbranche. Der Veranstalter GSMA erwartete ursprünglich mehr als 100.000 Besucher und mehr als 2800 Aussteller.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 10. Februar 2020 um 20:00 Uhr.