
Neue Maßnahmen in Großbritannien Mit Sperrstunden gegen zweiten Lockdown
Stand: 18.09.2020 15:47 Uhr
Großbritannien meldet täglich rund 3500 neue Covid-19-Fälle. Die Labore kommen mit der Auswertung der Tests nicht hinterher. Treffverbote und Sperrstunden sollen nun einen zweiten Lockdown verhindern.
Von Thomas Spickhofen,
ARD-Studio London
London zieht die Zügel wieder an. Seit Anfang der Woche werden in allen Teilen des Landes nahezu täglich neue Maßnahmen verhängt. Die Regierung beobachte die Infektionszahlen sehr aufmerksam, sagt Gesundheitsminister Matt Hancock: "Wir sehen, dass sie steigen, und wir bleiben bereit, alles Notwendige zu tun, um Leben und Existenzgrundlagen zu schützen."
Seit Montag sind Treffen mit mehr als sechs Personen nicht mehr erlaubt. In Birmingham, Glasgow und anderen größeren Städten dürfen sich Mitglieder unterschiedlicher Haushalte nicht mehr in geschlossenen Räumen, teilweise auch nicht mehr im Freien treffen. In zahlreichen Städten müssen die Pubs und Restaurants abends um 22 Uhr schließen. Die Einwohner mehrerer Ortschaften in Wales können ihre Region nur noch verlassen, wenn sie zur Arbeit müssen oder zur Schule.
Rund 3500 Neuinfektionen pro Tag
Insgesamt sind von den neuen Maßnahmen im ganzen Land rund zehn Millionen Menschen betroffen, das ist etwa ein Siebtel der Bevölkerung. "Das hilft uns, einen landesweiten Lockdown zu vermeiden. Ein landesweiter Lockdown bleibt die letzte Verteidigungslinie", sagt Hancock.
Die Zahl der Neuinfektionen ist in Großbritannien seit Anfang des Monats wieder stark gestiegen. Der Schnitt der vergangenen sieben Tage liegt bei etwa 3500 neuen Fälle pro Tag. Allerdings kann längst nicht jeder getestet werden, der das möchte, deshalb ist es gut möglich, dass die tatsächliche Zahl der Neuinfektionen noch höher liegt.

"Ein landesweiter Lockdown bleibt die letzte Verteidigungslinie", so Gesundheitsminister Matt Hancock. Bild: AP
Lockdown wäre nur ein Zeitgewinn
Auch die Zahl der Covid-19-Patienten in den Krankenhäusern nimmt wieder zu. Vor allem im Nordosten von England, einigen Ballungsräumen in den Midlands und in Wales hat sich das Virus erneut ausgebreitet.
Mit den Maßnahmen lösen wir allerdings nichts, sondern gewinnen nur etwas Zeit, sagt Devi Sridhar, Professorin für öffentliche Gesundheit an der Universität in Edinburgh: "Lockdowns ändern nicht wirklich etwas am Problem. Man kann damit eine Pausetaste bei der Verbreitung des Virus drücken, aber eigentlich brauchen wir ein funktionierendes System des Testens und Nachverfolgens, um das in den Griff zu kriegen und die Zahlen runterzubekommen."
Gemessen an unserer Bevölkerungszahl werde so viel getestet wie in keinem anderen großen Land in Europa, erklärt die Regierung. Aber die Nachfrage sei zu groß, zu viele unverdächtige Fälle wollten sich testen lassen, die Labore kämen nicht nach. Ende Oktober will die Regierung die Testkapazität von derzeit rund 280.000 auf 500.000 pro Tag erweitern. Für die nähere Zukunft allerdings ist erstmal mit weiteren Einschränkungen zu rechnen.