
Containerunglück Dem Meer droht Riesenschaden
Stand: 04.01.2019 00:03 Uhr
Immer mehr Fracht aus den Containern, die die "MSC Zoe" in der Nordsee verloren hat, wird angespült - darunter auch Gefahrgut und Verpackungsmüll. Die ökologischen Folgen sind noch nicht absehbar.
Von Ralf Lachmann, ARD-Studio Kleve, zzt. in Den Haag
Auf Schiermonnigkoog, einer der niederländischen Nordseeinseln, ist inzwischen ein 25-Kilo-Sack mit giftigem Peroxid angespült worden. Er stammt wahrscheinlich aus einem der über Bord gegangenen 270 Container. Das Pulver, aus dem Kunststoff hergestellt wird, wurde zur weiteren Untersuchung in ein Labor gebracht.
Spezialfirmen bergen erste Container
tagesschau 20:00 Uhr, 03.01.2019, Christina Gerlach, NDR
Größere Mengen Gefahrgut in der Nordsee
Mindestens drei Container mit Gefahrgut waren von dem Riesenfrachter MSC Zoe ins Meer gestürzt. Dies sei eine große Gefahr, und zwar nicht nur für die Nordsee und ihre Küsten, warnt Marijke Boonstra, Projektleiterin Sauberes Meer bei der Stichting De Noordzee:
"Da treibt jetzt jede Menge Plastik durchs Meer, auch Verpackungsmaterial. Das alles wird durch die starke Strömung bis hoch zum Nordpol mitgenommen. Falls sie nicht bald gefunden werden, platzen die Container mit giftiger, chemischer Fracht auf. Dies ist ein Riesenschaden für die Meeresökologie."
Niederländische Behörden haben die Registernummern der drei mit Gefahrgut beladenen Container inzwischen veröffentlicht. Wer sie entdeckt, solle die Notrufnummer 112 anrufen. Durch Sturm und hohen Wellengang waren die teils zu acht übereinander gestapelten Container gestern vom Riesenfrachter "MSC Zoe", eines der größten Containerschiffe der Welt, über Bord gegangen.
Vorwürfe an Schiffsbesatzung
Umweltexpertin Boonstra sieht auch eine Mitverantwortung von Reederei und Schiffsbesatzung: "Dieses Schiff ist gefahren, obwohl ein starker Sturm tobte - und hat trotzdem das Risiko der Weiterfahrt auf sich genommen."
Es komme schon mal vor, dass bei heftigem Wellengang bis zu fünf Container ins Meer stürzten. Weltweit dürften es insgesamt bis zu 1500 Container pro Jahr sein, die ins Meer fallen. Dieser Vorfall, bei dem 270 Container auf einmal über Bord gingen, sei aber außergewöhnlich und besorgniserregend, sagte Boonstra.
Umweltminister bringt Sender für Container ins Spiel
Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) forderte Konsequenzen aus der Havarie. Es stelle sich die Frage, wie Dutzende Container von dem Schiff über Bord gehen konnten und ob menschliches Versagen vorliege, sagte Lies dem Sender Radio ffn. Angesichts der Schwierigkeit, die verlorenen Container im Meer zu orten, stelle sich die Frage nach einer Vorsorge. Denkbar sei es beispielsweise, zumindest Gefahrgut-Behälter mit Sendern auszustatten, um ein möglichst schnelles Auffinden zu ermöglichen, sagte der Minister. Zudem müsse künftig dafür gesorgt werden, dass Gefahrgut-Container auf Frachtern an Stellen gelagert werden, wo sie einem möglichst geringen Risiko ausgesetzt seien.
Run auf Strandgut
Einige Container mit Gebrauchsgütern sind schon aufgeplatzt, Stühle, Fernseher, Kinderkleidung und Glühbirnen wurden angespült. Auf den Inseln von Texel über Ameland bis Terschelling hat unter Bewohnern und Touristen eine regelrechte Jagd auf Treibgut eingesetzt.
Das ginge nachts weiter, erzählt einer von ihnen: "Wir schauen, was die See uns noch so bringt. Vielleicht noch Spielzeug, Schuhe. Keine Ahnung, was in den 270 Container drin ist oder war. Ja, da liegt wieder was. Oben an der Linie, wo der höchste Hochwasserstand war, ist alles angespült worden. Die ganze Nacht machen Leute schon Jagd aufs Treibgut. Und heute geht es weiter."
Auch Verpackungsmüll wird immer wieder bis in die Dünen geweht. Jetzt haben sich auch niederländische Soldaten zu den Inseln aufgemacht, um beim Aufräumen zu helfen.
Containerunglück an der Nordseeküste
Ralf Lachmann, ARD Den Haag
03.01.2019 17:40 Uhr
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