
Terrorprozess in Christchurch "Niemand soll sich an ihn erinnern"
Trauer, Wut und Verachtung zeigen die Angehörigen des Attentats von Christchurch vor Gericht. 51 Menschen hatte ein Rechtsextremist im März 2019 getötet. Der Angeklagte will sich vermutlich nicht zu Wort melden.
Mit emotionalen und teils wütenden Wortmeldungen ist die Anhörung von Überlebenden und Angehörigen der Opfer der Anschläge auf zwei Moscheen im neuseeländischen Christchurch fortgesetzt worden. Am letzten Tag der Anhörung ließ Richter Cameron Mander weitere Erklärungen von Hinterbliebenen zu. Dadurch könnte sich die für Donnerstag geplante Urteilsverkündung verzögern.
Insgesamt haben sich damit seit Montag mehr als 80 Menschen an den Richter und den angeklagten Attentäter gewandt. Mehrere beschimpften ihn als "Verlierer" und "Feigling", der sich hinter seinen Waffen versteckt habe. "Du bist schwach. Ein Schaf in einem Wolfspelz", sagte Ahad Nabi, dessen Vater bei den Anschlägen ums Leben gekommen war.
"Denn er ist niemand"
"Richtig so", sagt die forensische Psychologin Zhyian Basharati, "noch mehr Menschen sollen ihm sagen, dass er ein mickriges Menschenwesen ist, dass er ein Niemand ist, denn er ist niemand." Er habe ein Vermächtnis hinterlassen wollen, aber das werde nicht geschehen. Sie ist bei der Anhörung dabei, um die Mitglieder der muslimischen Gemeinde zu unterstützen.
Niemand wird sich an ihn erinnern. Niemand wird seinen Namen nennen.
Unerwartet nah
Die Angehörigen der Opfer hätten nicht gewusst, was sie erwartet, erklärt Basharati. Sie dachten, sie würden ihn nur per Video sehen. "Das ist also alles unerwartet und herzzerreißend, das zu sehen", sagt sie am dritten Tag der Anhörungen.
Basharati forscht über Psychopathen, Sexualstraftäter, Menschen, die Kinder missbrauchen. Für die Expertin ist der Christchurch-Attentäter eindeutig ein Psychopath:
Er genießt das Leid der Angehörigen. Wenn sie zusammenbrechen, dann weidet er sich daran!
Offenbar kein Statement des Angeklagten
Aus Gerichtskreisen wurde unterdessen bekannt, dass der Attentäter von Christchurch angeblich vor der Urteilsverkündung nicht mehr selbst das Wort ergreifen will. Ursprünglich hatte der 29-jährige Rechtsextremist aus Australien angekündigt, sich selbst vertreten zu wollen.
Nach den Anhörungen von Überlebenden und Angehörigen der Opfer hätte er sich am Donnerstag selbst äußern dürfen. Darauf will er nun verzichten. Ein Pflichtanwalt werde eine kurze Erklärung verlesen, hieß es. Lange hatte es Befürchtungen gegegen, der Angeklagte könnte den Termin als Plattform zur Verbreitung seiner rechtsextremistischen Ansichten nutzen.
Noch nicht da gewesenes Strafmaß erwartet
Der Attentäter hatte am 15. März 2019 zwei Moscheen überfallen und 51 Gläubige getötet. 50 weitere wurden verletzt.
Im März hatte der Angeklagte sich schuldig bekannt. Ihm droht eine lebenslange Haftstrafe ohne Möglichkeit auf vorzeitige Entlassung - ein Strafmaß, das es in Neuseeland noch nicht gegeben hat.