
Klimagipfel in Chile abgesagt Bonn statt Santiago?
Stand: 30.10.2019 21:40 Uhr
Nach der kurzfristigen Absage Chiles für die UN-Klimakonferenz im Dezember wird dringend ein Alternativort gesucht. Bonn ist bereit einzuspringen. Die Ex-Bundeshauptstadt war schon einmal Ersatz.
Die nächste UN-Klimakonferenz steht unter keinem guten Stern. Erst sagte Brasilien als Veranstaltungsort ab. Nun gab auch Chile bekannt, die Großveranstaltung im Dezember nicht ausrichten zu können. Als Grund nannte die Regierung die anhaltenden Proteste und Unruhen im Land. Die UN brauchen nun möglichst schnell einen Ersatz-Ort. Im Gespräch sind: New York, Paris und Bonn.
Es muss schnell gehen
Die ehemalige Bundeshauptstadt hat Erfahrung als Ersatzausrichter. 2017 richtete die Stadt schon einmal den UN-Klimagipfel ersatzweise aus. Den Vorsitz hatte der kleine pazifische Inselstaat Fidschi, aber es wäre schwierig gewesen, dort so viele Menschen unterzubringen. Damals gab es für die Planung aber einen langen Vorlauf. Jetzt muss es hingegen schnell gehen. Es bleiben gerade einmal knapp fünf Wochen bis zum geplanten Konferenzbeginn.
Nordrhein-Westfalen sei bereit einzuspringen, sagte ein NRW-Regierungssprecher. "Der UN-Standort Bonn würde dafür über beste Vorerfahrungen verfügen." Zuvor hatte die "Welt" darüber berichtet.
Bonn, die Erfahrene
Die Stadt empfiehlt sich nicht nur, weil hier das UN-Klimasekretariat seinen Sitz hatte. In der ehemaligen Bundeshauptstadt fanden bereits drei Klimakonferenzen statt - 1999, 2001 und 2017. Doch auch wenn die Stadt am Rhein über Erfahrung und eine gute Infrastruktur verfügt, kann auch sie wohl kaum binnen fünf Wochen die nächste UN-Klimakonferenz organisieren. Schließlich musste auch 2017 erst eine riesige Zeltstadt errichtet werden, um genügend Platz für die rund 25.000 Konferenzteilnehmer zu schaffen.
In Deutschland wird die Bonn-Idee bereits diskutiert. "Jetzt muss die Bundesregierung einspringen und die Klimakonferenz am UN-Standort Bonn ausrichten", forderte Ann-Kathrin Schneider von der Umweltorganisation BUND. Die Umsetzung des Pariser Abkommens müsse trotz der Absage sichergestellt werden.
Auch FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff forderte: "Die Bundesregierung muss jetzt zeigen, dass sie es mit dem Klimaschutz ernst meint und die Konferenz deshalb schnellstmöglich nach Deutschland holen."
Entwicklungsminister Gerd Müller nutzte die Absage, um für seinen Vorschlag zu werben, die Klimakonferenzen nur noch alle zwei Jahre stattfinden zu lassen. Die Absage sei bedauerlich, aber auch eine Gelegenheit, über das Format nachzudenken, sagte der CSU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. "Es kann nicht zeitgemäß sein, dass jedes Jahr 20.000 Menschen für 14 Tage einmal um den halben Globus fliegen."
Die jährlichen Treffen der Klima-Diplomaten dienen dazu, die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens voranzutreiben. Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth schrieb auf Twitter, man sei im Kontakt mit dem UN-Klimasekretariat und der polnischen Präsidentschaft der vorigen Klimakonferenz, um die Situation zu beraten.
Proteste in Santiago de Chile
tagesschau 11:00 Uhr, 31.10.2019
Chile bedauert Unannehmlichkeiten
Chiles Staatspräsident Sebastian Pinera hatte zuvor erklärt, seine Regierung bedaure sehr die Probleme und Unannehmlichkeiten, die die Absage für das Gipfeltreffen bedeute. Es sei aber derzeit vordringliche Aufgabe, die öffentliche Ordnung, die Sicherheit der Bürger und den sozialen Frieden wiederherzustellen. Es gelte, alle Kraft dafür aufzuwenden, eine neue soziale Agenda zu erarbeiten, um Antworten auf die wichtigsten Fragen der Bürger zu finden.
In Chile gibt es seit Wochen schwere Massenproteste, bei denen mehr als 15 Menschen ums Leben kamen. Die Unruhen entzündeten sich an einer Fahrpreiserhöhung und weiteten sich später zu Forderungen nach einer Verfassungsänderung sowie einer neuen Sozialpolitik aus.
Chile sagte wegen der Unruhen auch die Ausrichtung des Asien-Pazifik-Gipfels (APEC) im November ab.
Chile sagt Klimagipfel im Dezember ab
Ivo Marusczyk, ARD Buenos Aires
30.10.2019 16:57 Uhr
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