Boris Johnson

Ringen um den Brexit Johnson will wohl doch um Aufschub bitten

Stand: 04.10.2019 16:34 Uhr

Legt der britische Premier Johnson doch die Kehrtwende hin? Medienberichten zufolge will er laut Gerichtsdokumenten doch um einen Brexit-Aufschub bitten, sollte bis zum 19. Oktober kein Deal mit der EU stehen.

Der britische Premierminister Boris Johnson erwägt offenbar, doch von seinem harten Brexit-Kurs abzuweichen. Medien berichteten übereinstimmend, Gerichtsdokumente belegten, dass sich Johnson bereit erklärt habe, um einen Aufschub des EU-Austritts zu bitten, sollte bis zum 19. Oktober kein Austrittsvertrag stehen.

Die entsprechenden Dokumente seien von der britischen Regierung bei dem Obersten Gericht Schottlands eingereicht worden, berichtete die britische Nachrichtenagentur PA.

Genau vor diesem Gericht versuchen Brexit-Gegner durchzusetzen, dass Johnson das vom britischen Parlament verabschiedete Gesetz einhält und um eine Verlängerung der Austrittsfrist bittet, sollte innerhalb der nächsten zwei Wochen kein Deal mit der EU ausgehandelt werden.

Keine Bestätigung aus der Downing Street

Laut BBC wollte kein Mitglied der Regierung zu den Berichten Stellung beziehen. Deren Anwälte hätten jedoch angekündigt, sich im Laufe des Tages noch zu äußern. Zudem berief sich der Sender auf einen namentlich nicht genannten Mitarbeiter aus Johnsons Büro, der angab, die Regierung könne noch einen Weg finden, einen Aufschub zu vermeiden.

Bislang hatte Johnson stets betont, am Stichtag 31. Oktober auf jeden Fall aus der EU austreten zu wollen, ob mit oder ohne Deal mit der EU. Fraglich blieb immer, wie dieses Ziel umsetzen will, ohne das neue Gesetz zu brechen. Denn der Premier hatte zugleich immer versichert, er werde sich an die Gesetze halten. Schon länger wird daher spekuliert, Johnson habe seine Rechtsberater angewiesen, doch noch ein Schlupfloch aus der Gesetzeslage zu finden.

Irlands Ministerpräsident stellt sich hinter Aufschub

Der irische Regierungschef Leo Varadkar befürwortete einen möglichen Aufschub des Brexit-Termins. Das sei besser als ein EU-Austritt der Briten ohne Abkommen, sagte er am Freitag bei einem Staatsbesuch in Dänemark.

Wenn Großbritannien eine Verlängerung beantrage, werde man das überdenken, versicherte Varadkar. Auch wenn das nur den Schritt in "die nächste Verhandlungsphase" bedeuten würde. Er zeigte sich jedoch skeptisch, ob alle der 27 EU-Staaten zustimmen würden, was Voraussetzung für eine Fristverlängerung ist. Die meisten Mitglieder würden dies nur "bei einem guten Grund in Betracht ziehen".

Irlands Ministerpräsident Leo Varadkar

Leo Varadkar befürwortete einen möglichen Aufschub: Das sei besser als ein No-Deal-Brexit.

Keine Fortschritte trotz neuem Plan

Erst am Mittwoch hatte Johnson der EU einen neuen Plan vorgelegt, der aus seiner Sicht die Grundlage für einen Kompromiss darstellen könnte. Darin soll der sogenannte Backstop wegfallen - der Hauptstreitpunkt mit der EU. Nordirland soll demnach ebenfalls aus der Zollunion ausscheiden, aber noch die Regelungen des Europäischen Binnenmarktes beibehalten.

Doch die EU begegnet dem Vorschlag mit Skepsis und mahnt, die Zeit werde langsam zu knapp, um noch eine Vereinbarung zu erzielen, mit der beide Seiten zufrieden sein könnten. Am 17. und 18. Oktober soll der entscheidende Gipfel in Brüssel stattfinden. Sollte auch dort keine Lösung im Brexit-Streit gefunden werden, müsste Johnson tatsächlich um eine Verlängerung für den EU-Austritt bitten, wenn es nach dem Gesetz geht.

Jens-Peter Marquardt, Jens-Peter Marquardt, ARD London, 04.10.2019 16:06 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 04. Oktober 2019 um 15:00 Uhr.